Klagefall

Schlagwort: Musik

Das erste Album von Suede war eine prägende Erfahrung für mein spät-jugendliches Selbst. Ich habe die Platte damals sehr viel gehört. Kein einziger schwacher Song, ein begabter Auftritt der Söhne von The Smiths und David Bowie. Gleich danach habe ich die Band aus den Augen verloren.

Vorletzten Sonntag spielten sie in Berlin in der erstaunlich kleinen Columbiahalle. Zur Vorbereitung hatte ich mir ein paar Platten gekauft. Brett Anderson schafft die hohen Töne nicht mehr, aber die Energie und Magie waren trotzdem noch da. Und das Virus, leider.

In Barth gab es in der Ernst-Thälmann-Straße einen Plattenladen, in dem ich 1983 diese Kassette kaufte, für 20 Mark. Ich hatte keine Ahnung, was das für Musik sein könnte. Wir kauften damals das, was gerade da war. Ich kann mich noch an den Moment erinnern, als ich die Kassette in den Rekorder geschoben hatte und der Anfang von Heart of the Sunrise aus dem kleinen Lautsprecher knallte. Als wir beide Seiten geschafft hatten, fragte mein großer Bruder: Und das musste wirklich sein?

Daran musste ich denken, als ich The Yes Album aus dem dicken Pappumschlag zog und auf den Plattenteller legte. Die Kassette von damals ist lange verschwunden, aber der Zauber ist noch immer da.

McCartney III ist so ein gutes Album: unangestrengt, warm, fließend, absichtslos, sogar Pauls schwindende Stimme funktioniert dazu, vielleicht hat auch sie von der erzwungenen Konzertpause profitiert. Die Platte hat vor allem die richtige Länge, auch das unterscheidet sie von Egypt Station, mit der ich nie richtig vertraut geworden bin. Ich hätte diese Vermarktung deshalb nicht gebraucht, die ganzen Colored Vinyl, die Nummer 1 in den Charts und schon gar nicht ein Tribute Album wie dieses. Ich bin schon so zufrieden.

— Kommentar zu Mumien, Analphabeten, Diebe