es heißt sogar, das Impfzentrum habe inzwischen mehr Impfstoffe als Terminvereinbarungen, und damit nichts weggeworfen werden müsse, könne sich jeder spontan impfen lassen, ohne Termin, aber damit es kein Chaos am Eingang gebe, so wird jedenfalls geredet, werde die Nachricht nur informell verbreitet, durch den Buschfunk, von Mund zu Mund, damit die Ordnung aufrechterhalten bleibe, das alles sei noch nicht offiziell und die Schlange vor der Tür schon so lang genug, also einfach hingehen, aber das habe ich auch nur gehört und weitergesagt, vielleicht ist das ja ein evolutionärer Vorteil für Ostdeutsche, mit dem Mangel umzugehen, Beziehungen zu pflegen, zusammenzuhalten, warum auch nicht
Kategorie: Notizen
Alt Tellin. Es gibt ein paar Fotos von den Schweinen, die es nach draußen geschafft haben. Sie laufen zwischen den Feuerwehrleuten herum, manche sind rußverschmiert, hinter ihnen brennen die Ställe. Zum ersten Mal in ihrem Leben sehen die Schweine das Tageslicht. Sie stehen auf einer Wiese, sie haben Platz, sie sind beieinander. Sie machen das, was Schweine tun. Sie wissen, wie das geht, obwohl sie noch nie draußen waren. Die Schweine wühlen in der Erde und fressen das Gras, als wenn es selbstverständlich wäre. Und wirklich, wenn etwas auf diesen Fotos selbstverständlich ist, dann sind es die Schweine, was denn sonst. Am Abend werden die Viehtransporter kommen und sie abholen, aber in diesem Moment sind sie da, wo sie hingehören.
Vor der Bank. Als ich mein Fahrrad anschließe, sehe ich, dass an der Treppe vor der Eingangstür eine Familie steht. Es ist nicht ganz klar, ob sie anstehen oder ob sie auf jemanden warten, vielleicht gibt es inzwischen auch eine Personenbeschränkung für den Raum mit den Geldautomaten, wer weiß. Ich frage nach, ob sie auch hinein wollen und der Mann antwortet, mit einem leichten Akzent: Ja, aber da drinnen sei eine Frau, she’s a little …, sie wolle jedenfalls nicht, dass noch jemand anderes mit ihr im Gebäude sei. Er zuckt mit den Schultern. Wir tragen alle Masken, auch seine kleine Tochter, die vor sich hin tanzt und ein englisches Kinderlied singt. Nach einer Weile kommt die Frau heraus. Bitte schön, sagt sie und der Mann sagt danke schön und dann sagt er leise, dass ja eigentlich sie sich bedanken müsse und nicht er und dann gehen wir rein und holen Geld und der Mann redet dabei weiter vor sich hin, ohne dass ich verstehen kann, was er meint. Have a nice day, sage ich beim Rausgehen, weil ich mich irgendwie für die Situation verantwortlich fühle. Wir sind inzwischen alle mit den Nerven am Ende, denke ich.