Rewind Ringo (6)

Bad Boy lässt mich ratlos zurück. Ich höre mir für dieses Projekt die Platten mehrfach an, nicht nur nebenbei, sondern durchaus mit einiger Aufmerksamkeit, schließlich will ich danach noch etwas dazu schreiben. Und manche von Ringos Platten höre ich auch einfach so, gewissermaßen freiwillig, das brachte mich ja erst auf die Idee zu dieser Serie.

Also Bad Boy habe ich jetzt bestimmt zehn Mal gehört und das hätte ich nicht getan, wenn sich das Album nicht gut anhören ließe. Aber ich verstehe noch immer nicht, was Ringo damit wollte. Immerhin, der Ausflug in Disco ist wieder vorbei. Die Platte ist sauber produziert, die Musiker machen ihre Arbeit, Ringo trifft die Töne. Wir sind noch immer in den Siebzigern (1978) und die Songs klingen zum Glück auch so. Die Arbeit mit Vini Poncia wird fortgesetzt, zusammen schreiben sie zwei Songs, darunter den Opener Who Needs a Heart, der mir gut gefällt. Das einzige Problem des Songs: Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wenn er vorbei ist. So ähnlich geht es mir mit der ganzen Platte. Ringo spielt neben den beiden neuen Stücken acht Standards, alle gut ausgesucht, er hat einen angenehmen Musikgeschmack und kennt seine Sachen. Und klar, Where Did Our Love Go ist ein wunderbarer Song, aber warum singt Ringo diese Nummer? Sollte er das nicht lieber den Supremes überlassen? Können sie das nicht besser als er?

Ich nehme an, Ringo wollte einfach seinen auslaufenden Plattenvertrag erfüllen und anschließend auf einem Sessel vor dem Studio auf den Bahamas sitzenbleiben, mit einem Glas in der Hand und auf den Ozean gucken.


5 Kommentare

  • Gern geschehen.

    Nachdem ich neulich zum x-ten Mal den Kommentar eines Brexiters las, die Beatles hätten schließlich auch ohne EU-Freizügigkeit in Hamburg gespielt, habe ich übrigens mal gesucht, ob die überhaupt ein Arbeitsvisum hatten. Hatten sie nicht, deshalb wurden sie im August 1960 erstmal sechs Stunden bei der Einreise festgehalten, sie logen und gaben sich als Sprachschüler aus. Wusste ich bis dato nicht. Auch nicht, dass Koschmider, dem auch der Striptease-Schuppen „Indra“ gehörte, in dem sie anfangs stundenlang spielten, ihnen dann die Arbeitsgenehmigung kurzfristig besorgte – die Arbeitsvisa von John Lennon sind online veröffentlicht worden (auf einem der Papiere ist ein Passfoto von ihm im Alter von 19 zu sehen).

    Neu war mir auch, dass George Harrison später festgenommen und ausgewiesen wurde, weil er erst 17 war. Dabei war dessen Geburtsdatum auf dem Antrag von Koschmider bei der Fremdenpolizei deutlich zu lesen – wussten oder kapierten die nicht, wo und um welche Uhrzeit die Beatles auftraten? Die Anschrift von Koschmiders Unternehmen stand doch auch darauf. McCartney und Best wurden bald darauf ebenfalls nach einer Nacht in der Zelle ausgewiesen – wegen angeblich versuchter Brandstiftung. Ich las, Koschmider selbst habe dafür gesorgt, weil sie vertragsbrüchig wurden und in einem anderen Club als seinem „Kaiserkeller“ spielten. Erstaunlich, dass sie im Frühjahr 1961 trotzdem wieder nach Deutschland einreisen und arbeiten durften.

    Es dürfte interessant werden, welchen Song oder welche Songs McCartney aus der ganz frühen Zeit auswählt oder ob er nur vom „Star Club“ erzählt (der Musikervertrag von April-Mai 1962 ist bei Sotheby’s für £35,000 versteigert worden).

  • John Lennon meinte ja mal, dass die Hamburger Zeit der Höhepunkt der Beatles war, sie seien live eine verdammt gute Band gewesen. Ich weiß nicht, ob es das ernst gemeint hat. Auf jeden Fall haben sie sehr lange sehr viel geschuftet, bevor sie Erfolg hatten.

    Ich muss nochmal den Bekannten interviewen, der mal beiläufig fallenließ, dass sein Vater damals mit den Beatles „abhing“. Und die Freundin, deren Freundin in London Babysitter bei Julian Lennon war. Die Welt ist wirklich ein Dorf.

  • […] Ganz ehrlich, wer könnte diesem Cover widerstehen? Stop and Smell the Roses ist ein besonderes Album und wenn ich eine Liste mit Ringos Platten machen würde, wäre diese wahrscheinlich in der oberen Hälfte der Charts. Er wollte noch einmal zurück zum Rezept der erfolgreichen Jahre, with a little help from his friends und mit Musik von echten Musikern mit richtigen Instrumenten. Als ob die Achtzigerjahre noch nicht begonnen hätten. Aber eine fehlte 1981 schon. John Lennon hatte für Ringo zwei Songs geschrieben (Life Begins at 40 und Nobody Told Me), die Aufnahmen sollten im Januar 1981 stattfinden. Wäre es dazu gekommen, wären alle vier Beatles auf einem Album versammelt gewesen. Ringo brachte es aber nach Johns Tod nicht übers Herz, die beiden Songs auf das Album zu nehmen. Es hätte sicher gewonnen, aber auch ohne sie ist Stop and Smell the Roses ein Schritt nach vorn, nachdem wir Bad Boy ertragen haben. […]

Schreibe einen Kommentar zu arboretum Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert