Schlagwort: Ringo Starr

Rewind Ringo (9)

Diese Episode schiebe ich schon eine ganze Weile vor mir her. Nicht ganz so lange, wie Ringo für dieses Album gebraucht hat – zwischen Old Wave und Time Takes Time liegen immerhin neun Jahre, die Gründung von Ringo Starr & His All-Starr Band und mindestens eine erfolgreiche Entziehungskur.

Vielleicht gibt es Gründe für mein Zögern. Time Takes Time gilt allgemein als eines der besten Alben von Ringo, aber ich bin mir da nicht so sicher. In den Rankings taucht es normalerweise an dritter Stelle auf (hinter Ringo und Goodnight Vienna, die beide schon in dieser Serie behandelt wurden). Tatsächlich war das Album eine Art Comeback, die 80er Jahre, mit denen sich die Ex-Beatles so schwergetan hatten, waren endlich vorbei. Ich erinnere mich sogar, dass ich die Platte 1992 in einem Geschäft gesehen habe, als sie herauskam.

Ringo versuchte ein neues Konzept und arbeitete für das Album mit verschiedenen Songwritern und Produzenten zusammen. Tatsächlich klingt alles zeitgemäß und sauber, aber der alte, rumpelige Charme ist ein wenig verloren gegangen

Die Single war Weight of the World. Das Stück hat wahrscheinlich jeder schon mal gehört. Der Song hat ein Riff für die Ewigkeit. Er lief auf MTV und war sogar in den Charts. Aber die eigentliche Sensation sind aus meiner Sicht die beiden Jungs, die im Video im Hintergrund herumturnen: Auf dem Album sind Andy Sturmer und Roger Manning von Jellyfish. Der große Harry Nilsson (der selbst einen letzten Auftritt auf der Platte hat) mochte die Band, vielleicht hat er sie seinem Saufkumpanen Ringo Starr vorgestellt, ich weiß es nicht. Ich mag es aber, wenn sich Kreise schließen.

Und deshalb ist I don’t believe you von Sturmer/Manning mein Lieblingssong auf dieser Platte. 1993 sollten Jellyfish ihr zweites und letztes Album Spilt Milk herausbringen, das absolut großartig und viel mehr Beatles ist als das, was heute hier besprochen werden soll. Inzwischen wurden auch die Demos aller vier Songs veröffentlicht, die sie für Ringo Starr geschrieben hatten. Wenn sie laufen, höre ich in Gedanken Ringo singen. Jellyfish haben verstanden, welche Musik zu ihm passt. Aber das ist ein anderes Thema.

Rewind Ringo (8)

Old Wave hat eine außergewöhnliche Editionsgeschichte. Aus verwirrenden Gründen, die mit den Plattenverträgen von Ringo zu tun hatten, erschien das Album 1983 nicht in Großbritannien und in den USA, sondern nur in Deutschland, Kanada, Australien und einer Handvoll weiterer Länder. Das Vinyl ist deswegen einigermaßen selten und das ist wahrscheinlich der Grund, warum das Album in der kleinen Ringo-Szene gern als hidden gem oder underrated bezeichnet wird. Ich bin bei solchen Zuschreibungen eher skeptisch, aber in den letzten Wochen habe ich die Platte wirklich oft und mit Vergnügen gehört, ohne dass sie mir über wurde.

Im Grunde ist es ein Album von Ringos künftigem Schwager Joe Walsh, der es produziert und gut die Hälfte der Songs geschrieben hat. Der Rest sind ein paar Klassiker, die Ringo im Schlaf singen kann. Wenn ich etwas hervorheben soll, ist es vielleicht seine Version von She’s About a Mover von Doug Sahm („Hey, hey!“). An Old Wave ist nichts auszusetzen, Ringo hat eine gute Band beisammen, die das macht, was sie am besten kann. Aber niemand hat es bemerkt.

Das Album ignoriert die beginnenden achtziger Jahre („New Wave“) so gut wie möglich und nimmt damit das voraus, was Ringo in den nächsten Jahren machen würde. Er wird in einem Nebel aus Alkohol von der Bildfläche verschwinden und musikalisch erst zehn Jahre später wieder auftauchen.

Rewind Ringo (7)

Ganz ehrlich, wer könnte diesem Cover widerstehen? Stop and Smell the Roses ist ein besonderes Album und wenn ich eine Liste mit Ringos Platten machen würde, wäre diese wahrscheinlich in der oberen Hälfte der Charts. Er wollte noch einmal zurück zum Rezept der erfolgreichen Jahre, with a little help from his friends und mit Musik von echten Musikern mit richtigen Instrumenten. Als ob die Achtzigerjahre noch nicht begonnen hätten. Aber eine fehlte 1981 schon. John Lennon hatte für Ringo zwei Songs geschrieben (Life Begins at 40 und Nobody Told Me), die Aufnahmen sollten im Januar 1981 stattfinden. Wäre es dazu gekommen, wären alle vier Beatles auf einem Album versammelt gewesen. Ringo brachte es aber nach Johns Tod nicht übers Herz, die beiden Songs auf das Album zu nehmen. Es hätte sicher gewonnen, aber auch ohne sie ist Stop and Smell the Roses ein Schritt nach vorn, nachdem wir Bad Boy ertragen haben.

Nichts zu meckern über die A-Seite. Private Property (von Paul McCartney beigesteuert) kracht wie ein Opener und George Harrisons Wrack My Brain passt zu Ringo wie ein Deckel auf den Topf. Das war zugleich die Single und ist der beste Song der Platte, der auf keinem Best-of-Ringo fehlt. Es geht mit Drumming is My Madness weiter. Ringos Saufkumpan Harry Nilsson wollte damit eine Art Signature-Song schreiben, sehr lustig und es war dabei ganz sicher eine Menge Alkohol im Spiel. Danach kommt die zweite Nummer von Paul McCartney — Attention, so etwas schüttelt er einfach aus dem Ärmel. Ich mag den Song sehr, er hat Swing wie nur irgendetwas. Die Seite endet mit dem Titelsong, wiederum eine Kollaboration mit Harry Nilsson, ein bisschen fröhlich und ein bisschen traurig zugleich. I’m going crazy with this record business, I want to stop it. Und ja, es gibt ein Video (auf eigene Gefahr!).

Die B-Seite hält das Niveau nicht durch, aber (fast) nichts davon ist verkehrt. Dead Giveaway ist von Ron Wood, aber leider nicht viel mehr als das. Von You Belong to Me (1952) und Sure to Fall (1957) gibt es sicher bessere Versionen. Anschließend gibt sich Stephen Stills die Ehre, Ringo singt sich tapfer durch dessen You’ve Got a Nice Way und danach versucht er sein eigenes Back Off Boogaloo zu verbessern (im Jahr 2017 wird noch ein weiterer Versuch folgen). Ich verstehe ja, dass Ringo auf dieses Lied stolz ist, aber schöner und druckvoller als das Original kann es nicht mehr werden.

Und jetzt war er tatsächlich ohne Plattenvertrag.