Autor: Stefan

Hello, Goodbye

Unpopular opinion: Hello, Goodbye ist kein besonders guter Song, nicht viel mehr als ein Refrain und einigermaßen repetitiv. Immerhin haben The Cure ihn mal gecovert und eigentlich hat Robert Smith einen sicheren Musikgeschmack. John Lennon war jedenfalls nicht sehr begeistert und ein bisschen sieht man das auch in diesem Musikvideo, alle vier Beatles wirken seltsam müde und mitgenommen.

Genau bei diesen Filmaufnahmen setzt die Weihnachtsgeschichte ein, die ich im letzten Jahr übersetzt habe. Es handelt sich um ein Kapitel aus Get Back von Donovan Day. Das Buch ist zwar Fanfiction und Selbstverlag, aber die Geschichte ist trotzdem schön: Der Protagonist Lenny entdeckt, dass er mit Hilfe eines alten iPods in der Zeit zurückreisen kann und sucht zu verschiedenen Zeitpunkten die Beatles auf, letztlich um den 8. Dezember 1980 zu verhindern. Unter anderem sitzt er am 10. November 1967 heimlich im Rang des Saville Theatre in London und trifft nach dem Ende der Aufnahmen zu Hello, Goodbye auf John und Paul, die sich sehr für sein kleines Gerät interessieren. Wahrscheinlich ist es keine große Literatur, aber ich fand es unterhaltsam.

Nachtrag

Aus der Übersetzung habe ich wieder (wie schon 2018, 2019 und 2020) ein kleines Büchlein gemacht, das ich gern verschenke. Wer das Heft haben möchte, schreibt mir bitte einfach. Ich freue mich immer über Post.

Herr Ackerbau weist auf das Vintage Obscura Radio hin. Der Stream wird (händisch) aus einem Subreddit generiert, in dem jeder Nutzer Songs vorschlagen kann, die älter als 25 Jahre sind und auf Youtube weniger als 30.000 Views haben. Vintage und obskur eben. Auf diese Art und Weise entsteht der Eindruck, einer Radiostation aus einem parallelen Universum zuzuhören. Die Musik kommt einem bekannt vor, ist aber zugleich merkwürdig fremd. Wie eine winzige Frequenzverschiebung, ein Störgefühl.

Hamburg, Herbst

Ich verstehe nicht, wie der Hauptbahnhof überhaupt funktioniert. Ein Gewirr aus Brücken, Treppen und Tunneln. Ausgänge zu allen Seiten. An jedem Bahnsteig warten drei Züge. Der Bahnhof ist zu klein für diese Stadt und die Stadt ist zu groß für diesen Bahnhof. Eine Ameisenstraße anlegen und niemals von ihr abweichen.

Mein Bruder hat einen Kebabladen in Hoheluft ausgesucht. Sie kontrollieren sorgfältig unsere Impfausweise. Das Essen ist gut, aber nach einer Weile bemerken wir einen seltsamen Geruch. Ich denke zuerst an den Autoverkehr der vierspurigen Straße vor unserer Tür, aber mein Bruder riecht das Gas. Er geht zur Theke, jetzt merkt es der Inhaber auch, aber die Leitungen sind alle okay, sagt er und zeigt mit den Händen unbestimmt in Richtung Wand. In meinem Kopf läuft ein Film ab, die Druckwelle der Explosion schleudert uns durch die großen Glasfenster auf die Straße, das wäre der richtige Abschluss für diesen traurigen Tag, aber erst muss ich noch aufessen.

Das Krankenhaus ist ein ganzes Stadtviertel. Als ich auf die neue Station komme, begrüßt mich die Schwester schon an der Tür. Ich war gerade bei Ihrem Vater im Zimmer. Ich wusste ja, dass er heute Besuch von seinem Sohn bekommt und als ich Sie vom Fenster aus auf der Straße gesehen habe, wusste ich gleich, dass Sie es sind. Sie sehen aus wie Ihr Vater.

Mit meiner Mutter machen wir einen Ausflug zur Schiffsbegrüßungsanlage in Wedel. Es ist kalt und windig, aber immerhin kommt nach einer Weile ein großes Containerschiff herein. Über die Lautsprecheranlage werden ein Begrüßungstext und die indonesische Hymne abgespielt. Das Schiff hupt. So hat alles seine Ordnung.

Überall treffe ich freundliche Menschen. Überall treffe ich freundliche, reiche Menschen. Die U-Bahnhöfe haben gemütliche Namen. Schlump, Eppendorfer Baum, Lattenkamp. Das Verkehrssystem ist chaotisch und nicht zu verstehen, aber alle bleiben ruhig dabei.

Am schönsten ist es, mit dem Fahrrad durch die Stadt zu fahren. Alster, Norderelbe, Isebekkanal. Wir fahren durch den Alten Elbtunnel und trinken am Kiosk auf der Südseite ein Astra, wie alle Touristen. Wir finden die John-Lennon-Tür. Wir umrunden den ganzen Flughafen. Randlagen, Uferwege, Endhaltestellen.


Mein Bruder holt mich aus dem Plattenladen ab. Vorn bei den Neueingängen stehen das Rote und das Blaue Album. Er hat beide noch nicht und ich schenke sie ihm kurzerhand. Die kulturelle Mindestausstattung eines jeden Haushalts. Später stellt sich heraus, dass mein Bruder der erste Mensch auf der Welt ist, dem die frühen Sachen besser gefallen als die späten, aber Kunststück, wir sind in Hamburg, das wirkt noch lange nach.