Zitate

Die Kinder warfen Kastanien in die Luft, die Charles geschickt aufschnappte, dann liefen sie weiter den Parkweg entlang und Martin dachte daran, dass er ja selbst erleben konnte, wie es diesen Kindern später erging, dass es von nun an keine Generationen mehr geben würde, aber dafür eine große Menschenfamilie, die, wenn sie das wollte, für immer zusammenblieb. Dieser Gedanke rührte ihn, er rief Charles zu sich, kraulte ihm das weiche Nackenfell und betrachtete die mächtigen Eichen, die den Parkweg säumten. Diese Bäume waren mindestens zweihundert Jahre alt, sie hatten schon hier gestanden, bevor die elektrische Glühlampe, das Telefon oder das Auto erfunden worden waren. Frauen in Reifröcken und Männer mit Zylindern waren an diesen Bäumen entlangflaniert, an diesen Wächtern der Zeit, deren Bruder er nun geworden war.

Martin Leo skizziert in Wir werden jung sein den Übergang in eine Welt, in der die Alterung der Zellen und damit das Altern des Menschen medizinisch aufgehalten werden kann. Eine Gesellschaft ohne Tod wäre eine Dystopie, aber immerhin würden Zeitreisen in die Zukunft möglich, wenn man unter diesen Bedingungen überhaupt noch von Zukunft sprechen kann. Die Bäume verraten leider nicht, wie das ist.

Dies Theorem, daß die Kindheit ein Urkontinent sei. Wir versuchen uns zu erinnern an das früheste Bild, das wir haben.

Ich habe nur wenig Erinnerungen an meine frühe Kindheit in Karow in Mecklenburg. Im Ort kreuzten sich mehrere Eisenbahnlinien. Ich stehe auf der Rückbank unseres Autos und warte darauf, dass die Schranken vor uns endlich aufgehen. Aber das älteste Bild, das ich vor Augen habe, ist eine Kindergartenbaracke im Wald. Ich sitze im Schlafanzug in einem weiß lackierten Metallgitterbett, es muss also während des Mittagsschlafs sein. Ich erinnere mich an den langgestreckten Raum. Mein Bett steht direkt rechts neben der Tür an der Wand und diese Tür geht auf und ein Mann in einem roten Mantel kommt herein, von dem ich später erfahre, dass es der Weihnachtsmann ist. Der Schreck hat das erste Foto in meinem Kopf belichtet. Ich weiß nicht, ob es echt ist.

— via Walle Sayer

Vor einem Monat hatte er an einem Sonntagnachmittag mit Lawrence einen Spaziergang im Grünen gemacht. Sie waren in den Chilterns gewesen und einige Kilometer nördlich von Henley, unweit von einem Bauernhof, einem Weg gefolgt. Lawrence war vom Pfad abgewichen, um sich das Wrack einer alten Landwirtschaftsmaschine anzusehen. Er trat die hüfthohen Brennnesseln nieder.
„Dad. Komm mal her, und sieh dir das an.“
Er wollte, dass Roland die Zähne eines verrosteten Zahnrades zählte. Es waren vierzehn. Und dann bat er ihn, auch die Zähne an dem größeren, ins kleinere greifenden Zahnrad zu zählen. Fünfundzwanzig.
„Verstehst du? Das sind relative Primzahlen, also teilerfremd.“
„Und das bedeutet?“
„Der einzige gemeinsame Teiler, den sie haben, ist eins. So nutzen die Zahnräder sich gleichmäßig ab.“

— Ian McEwan: Lektionen