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Ellen Strömberg: Gedichte

1

Deine Familie war die erste mit
Internet, und alle hatten immer echte Markensachen
ich hatte nichts weiter als die blauen Flecken
die auftauchten, wenn ich versuchte, um mich zu schlagen
Als ich das einzige Mal einen Markenpullover bekam,
einen Fija-Pullover mit einem Logo, das niemand übersehen konnte
und du den noch nicht hattest
hast du dir auf einer Urlaubsinsel ein Plagiat gekauft
du hast mich jedenfalls überholt

2

Ich lese mehr als du, du liest nur
das Notwendigste, die Zutatenliste
wenn du Kalorien zählst und dir ein paar Allergien leisten kannst
Ich habe gelernt, meine Wünsche den Preisen anzupassen
Ich lese mehr als du und weiß deshalb mehr, ich weiß, wie es geht
trotzdem bist du diejenige, die gefragt wird

3

Das Ding mit Freundschaft, ich weiß tatsächlich nicht
Vielleicht, wenn die Menstruation synchronisiert ist
und man um die Wette blutet
Ich blute jede Monat das Toilettenpapier durch
und kaufe so selten wie möglich Binden
Deine Tampons kullern in deinen Handtaschen herum
Das Ding mit Freundschaft, ich weiß nicht
wenn man sich weniger hasst als andere

Übersetzt nach Ellen Strömberg: Dikter (Provins 4/2016).

Charles Bukowski: Deutsch

Es war nicht leicht, der deutsche Junge zu sein,
in den Zwanzigern in Los Angeles.
Viele mochten keine Deutschen,
das kam noch vom Ersten Weltkrieg.
Die anderen Jungs trieben mich durch die Nachbarschaft und
schrien „Hieneie! Hieneie! Hienie!“
Sie kriegten mich nie.
Ich war wie eine Katze.
Ich kannte alle Wege durch die Gassen und Büsche.
Ich kletterte wie der Blitz über einen mannshohen Zaun und war auf den
Hinterhof verschwunden und um die Ecke
und auf das Garagendach oder in ein anderes Versteck.
Außerdem, sie wollten mich nicht wirklich kriegen.
Sie hatten Angst, ich könnte sie abstechen
oder ihnen die Augen auskratzen.

Das ging ungefähr 18 Monate lang,
dann schien es auf einmal aufzuhören.
Sie akzeptierten mich, mehr oder weniger (aber niemals ganz),
für mich war es in Ordnung so.
Diese Hurensöhne waren Amerikaner,
Sie waren hier geboren, wie ihre Eltern.
Sie hießen Jones oder Sullivan oder
Baker.
Sie waren blass und meistens fett mit
triefenden Nasen und dicken Gürtelschnallen.
Ich beschloss, niemals ein Amerikaner zu werden.
Mein Held war Manfred von Richthofen, der Baron,
das deutsche Fliegerass;
er hatte 80 von ihren besten Leuten abgeschossen
und dagegen konnten sie jetzt nichts
mehr machen.
Ihre Eltern mochten meine Eltern nicht
(ich auch nicht) und
ich beschloss, wenn ich groß sein würde, an so einem Ort
wie Island zu leben,
niemals irgendjemandem die Tür zu öffnen und von meinem
Glück zu zehren, mit einer schönen Frau und einem Haufen wilder
Tiere:
Was mehr und weniger das ist, was dann
passierte.

Snodgrass

Me, I’m Snodgrass, Kevin, Tracy, fat Doris in her print dress. I’m every bit part player in the whole bloody horrorshow. Everyone except John Lennon.

Wahrscheinlich gibt es keine bessere Methode, um einen Text genau zu lesen, als ihn zu übersetzen. Dabei sind mir in den letzten Wochen die Figuren aus dieser Erzählung ans Herz gewachsen – der grummelnde Doktor Winston, all die Snodgrasses und Tracys, Cal natürlich und die gute Mimi, selbst die dicke Doris und sogar Kevin, ein bisschen. Alle sind auf der Suche nach dem Glück, und jeder auf seine Weise.

Es klingt verrückt, schließlich war ich erst neun Jahre alt, als John Lennon starb, aber ich vermisse ihn noch immer. Im Radio in der Küche spielten sie seine Musik und als am nächsten Tag ein Foto von ihm in der Zeitung war, schnitt ich es aus. Es passte genau in eine Kassettenhülle. Deshalb bin ich vor allem ein dankbarer Leser dieser Geschichte. Wir müssen zwar auf Strawberry Fields Forever, A Day in The Life, Imagine und Woman verzichten, aber John Lennon ist noch am Leben. Besser als andersherum, keine Frage. Die fünf Singles der Nowhere Men, von denen ich bisher nichts wusste, werden sich schon in irgendeinem kleinen Plattenladen auftreiben lassen.

Übersetzen ist natürlich stark übertrieben. Ich habe längst nicht immer verstanden, was der liebe Doktor vor sich hin murmelt. Manches war sehr assoziativ, immerhin war Lennon mal ein Kunststudent. Und manches war so sehr Working Class Hero, dass ich mich verschämt wegdrehen musste. Also seid bitte nicht sauer. Es ist nur eine Geschichte.

Erster Nachtrag

Wer das kleine Büchlein geschenkt haben möchte, schreibt mir bitte. Ich würde mich freuen.

Zweiter Nachtrag

Es gibt auch eine Playlist zur Erzählung, unter anderem mit einem Kurzfilm.