Schlagwort: Schweden

Vom Reisen

Der Ostwind türmt Wellen vor dem Strand auf, die Unterströmung zieht an meinen Füßen, fast wie ein Ozean. Über mir kreisen die Kites, als ob sie Raubvögel wären. In Richtung Norden dreht sich ungerührt die Bornholmfähre aus dem Hafen.

Ich denke an die Reise, an den Parkplatz am Fährhafen, an den Katamaran, an den Bahnhof in Ystad, an den Schnellzug nach Göteborg, an die Straßenbahn nach Saltholmen, an das Boot nach Styrsö, an die Masken, an die Impfungen, an die Plattenläden, an die Antiquariate, an das Kafé Marmelad und an das Plaskis gegenüber. Es ist alles so lange her, es steht alles so kurz bevor.

Am Abend treffe ich S. am Bahnhof, er hat seine Tochter hergebracht und 20 Minuten Aufenthalt, ehe er mit dem nächsten Zug zurückfährt. Wir sitzen auf dem Bahnsteig und trinken das Bier, das ich mitgebracht habe. Es gäbe so viel zu erzählen, aber dafür würde die Zeit ohnehin nicht reichen.

#191

S/S Laxen, Mora 2016

Älghult

An unserem Weihnachtsbaum hängt nur eine einzige Weihnachtskugel. Sie wird jedes Jahr im Januar wieder sorgfältig in Zeitungspapier gewickelt und zurück auf den Boden gebracht. Die Kugel habe ich vor vielen Jahren in einer stillgelegten Fabrikhalle in Älghult gekauft. Die Fabrikhalle war das, was von der Glashütte in Älghult noch übrig war und im Jahr danach gab es noch nicht einmal mehr die Fabrikhalle. So wertvoll ist also die Weihnachtskugel.

Älghult liegt mitten in smålandischen Wald irgendwo auf halben Weg zwischen Växjö und Kalmar. Wir waren dort mehrere Sommer lang zelten. Der Zeltplatz ist der kleinste Zeltplatz der Welt, eigentlich eine Badestelle mit Kiosk. Wenn man Glück hat, findet man einen Platz auf dem Hügel und guckt direkt auf den See. Im Häuschen gibt es ein Klo und eine Dusche, draußen eine Waschstelle mit kaltem Wasser. Es gibt also alles, was man braucht. Im Ort sind ein Konsum und eine Telefonzelle und ein paar Läden, bei denen man nicht weiß, ob sie noch geöffnet sind oder ob nur niemand in den letzten zehn Jahren die Dekoration aus dem Schaufenster geräumt hat. Vom Zeltplatz sind es vielleicht zwanzig Minuten bis in den Ort, vorbei an der Kirche, der Schule, dem Altenheim und der Kleiderkammer vom Roten Kreuz. Nachts rauschen die Holztransporter durch den Ort, die Straße muss eine Abkürzung sein, wohin auch immer.

Das alles geht mir durch den Kopf, wenn ich die blaue Kugel in den Händen halte. Hast du auch einen Lieblingsplatz?