Kategorie: Weblog

Vier Tage, Anfang Juni

Beim Arzt wegen der Formulare für die Reiserücktrittsversicherung und er fragte mich, wie es mir denn jetzt ginge und ich sagte, das werde wohl noch ein paar Wochen dauern, bis es wieder wie vorher sei und er sagte: hoffentlich.

Bei der Beerdigung eines Freundes eine Rede gehalten. Ich war mir nicht sicher, ob ich das schaffen würde, aber als ich für den zweiten Satz einen langen Anlauf genommen hatte und meine Stimme tatsächlich zurückgekommen war, funktionierte es. Ich habe eigentlich keine Sorgen, vor einer Menschenmenge zu reden, aber das war nicht das Problem. Das Problem war ich selbst. Wir saßen unter den alten Bäumen auf dem Dorfriedhof, die Vögel, von allem unbeeindruckt, sangen die ganze Zeit weiter. Am Ende lief High Hopes, es ging endlos. Wir hatten unsere eigene Glocke.

Mit A. in Berlin bei den Pet Shop Boys. Als das Licht ausging und die Musik anfing, standen alle um uns herum auf und gingen nach vorn an die Bühne und das machten wir auch. Wir waren in einer riesigen Halle, aber Neil Tennant und Chris Lowe standen zehn Meter von uns entfernt, als wären wir in einem Club. Vor lauter Glück hatte ich Tränen in den Augen.

Nach der Wahl saßen noch wir draußen vor dem türkischen Imbiss und haben etwas gegessen. Die Stadt war ganz leer, alle waren am Strand.

Rewind Ringo (8)

Old Wave hat eine außergewöhnliche Editionsgeschichte. Aus verwirrenden Gründen, die mit den Plattenverträgen von Ringo zu tun hatten, erschien das Album 1983 nicht in Großbritannien und in den USA, sondern nur in Deutschland, Kanada, Australien und einer Handvoll weiterer Länder. Das Vinyl ist deswegen einigermaßen selten und das ist wahrscheinlich der Grund, warum das Album in der kleinen Ringo-Szene gern als hidden gem oder underrated bezeichnet wird. Ich bin bei solchen Zuschreibungen eher skeptisch, aber in den letzten Wochen habe ich die Platte wirklich oft und mit Vergnügen gehört, ohne dass sie mir über wurde.

Im Grunde ist es ein Album von Ringos künftigem Schwager Joe Walsh, der es produziert und gut die Hälfte der Songs geschrieben hat. Der Rest sind ein paar Klassiker, die Ringo im Schlaf singen kann. Wenn ich etwas hervorheben soll, ist es vielleicht seine Version von She’s About a Mover von Doug Sahm („Hey, hey!“). An Old Wave ist nichts auszusetzen, Ringo hat eine gute Band beisammen, die das macht, was sie am besten kann. Aber niemand hat es bemerkt.

Das Album ignoriert die beginnenden achtziger Jahre („New Wave“) so gut wie möglich und nimmt damit das voraus, was Ringo in den nächsten Jahren machen würde. Er wird in einem Nebel aus Alkohol von der Bildfläche verschwinden und musikalisch erst zehn Jahre später wieder auftauchen.

Inseln

Katapult MV hat eine Karte mit den 33 größten Inseln in Mecklenburg-Vorpommern gemacht. 33 Inseln hören sich gar nicht so schlecht an, aber jede schwedische Kleinstadt mit einem durchschnittlichen Schärengarten kann darüber nur müde lächeln. Trotzdem, besser als nichts. Mit einem Meer vor der Tür ist alles besser.

Wer die Liste betrachtet, stellt sehr schnell fest, dass die wesentlichen Inseln in Vorpommern liegen. Mecklenburg hat dafür die Seen. Seen sind auch gut. Ich hätte gern einen See am Stadtrand, aber man kann nicht alles haben.

Ich gehe mal die Inseln durch, auf denen ich schon war. Die Liste ist from least to best. Alle mögen Charts.

11. Riems

Betriebsausflug zum Friedrich-Loeffler-Institut. Hochsicherheitstrakte, sie können da eine ganze Kuh rückstandsfrei in einem Säurebad auflösen. Es stellt sich kein richtiges Inselgefühl ein, außerdem führt ein Damm vom Festland dahin. Eine Insel sollte höchstens mit einer Brücke erschlossen sein, besser noch nur mit dem Schiff erreichbar. Pluspunkt ist der Blick auf den Riems aus der Entfernung, etwa von Stahlbrode aus oder vom Zudar. Die Anlagen sind beeindruckend. Sorry, Riems.

10. Koos

Ist aus Naturschutzgründen gesperrt, gleich nach der kleinen Brücke auf die Insel ist ein Zaun. Ich habe mich nicht getraut, dort weiterzugehen. Mangels näherer Kenntnis deshalb nur Platz 10, womöglich unterbewertet.

9. Vilm

Noch ein Betriebsausflug, uns wurde das frühere Feriendorf der DDR-Regierung gezeigt, bessere Gartenlauben, alles sehr deprimierend. Die DDR hatte wirklich keinerlei Glamour.

8. Ummanz

Etwas abgelegen zwischen Rügen und Hiddensee. Ich hatte hier mal einen Ortstermin, es ging um Kühe und um Schilfmahd, aber ich kann mich an den Zusammenhang nicht mehr erinnern. Sehr leer und eigenartig.

7. Poel

Hier hatten wir einmal ein Familientreffen, war angenehm. Gute Relation zwischen Fläche und Menschen.

6. Dänholm

Ist eigentlich nur da, damit der Rügendamm zwischendurch abgestützt wird. Ich war hier monatelang kaserniert, während draußen der Weltkommunismus zusammenbrach. Manchmal bin ich heimlich hinunter zum Strelasund gegangen und das war schön.

5. Hiddensee

Lieblingsinsel aller Ostdeutschen, aber ich habe bislang nie richtig angedockt. Vielleicht das viele Geld, vielleicht der Westwind, die kalte Ostsee, ich weiß es nicht. Würde ich gern ändern.

4. Rügen

Rügen ist klar. Von Mukran fahren die Schiffe nach Schweden und Bornholm ab. Der ganze Süden ist schön und leer und den Zudar mag ich besonders. Den Nordwesten kenne ich fast gar nicht. Dranske und der Bug fehlen mir komplett, eigentlich alles, was mit Bahn und Fahrrad schwer zu erreichen ist. Der Nachteil von Rügen ist die Größe: Man merkt nicht unbedingt, dass man auf einer Insel ist.

3. Großer Kirr

Mein Joker, ich habe hier mal einen Ortstermin gemacht, sobald sich die Gelegenheit bot. Wir wurden mit einem kleinen Schiff vom Zingst abgeholt. Der Kirr ist im Grunde eine große Wiese, die nur ein paar Zentimeter aus dem Wasser ragt. Paradies für Vögel und Ornithologen. Im Sommer stehen auf der einen Seite der Insel Kühe. Kühe können nicht schwimmen.

2. Usedom

Gute Gefühle für Usedom. Ich habe hier zweimal eine längere Zeit verbracht (Peenemünde, Trassenheide). Der Küstenwald im Norden der Insel ist wundervoll. Es gibt eine gut ausgebaute Eisenbahn, überall Fahrradwege und sogar Berge. Außerdem Schaschlik in Swinemünde.

1. Greifswalder Oie

Klarer Platz 1. Nur mit dem Schiff erreichbar, das einigermaßen weit hinaus aufs Meer fahren muss. Phantastische Topographie, Vogelschutzgebiet, Leuchtturm vorhanden. Ich würde dort gern einmal länger sein.