Kategorie: Weblog

Traum IV

Ein Freund, den ich sehr selten sehe, fährt neuerdings mit einem gehäkelten Krokodil durch die Welt. Das Krokodil hat ein großes Maul, ist so groß wie ein Handschuh und sehr friedlich. Ich kenne es aus dem Blog des Freundes, wo es manchmal auf Fotos an den verschiedensten Orten auftaucht.

Neulich traf ich das Krokodil. Es lag auf dem Hof im Gras. Der Freund musste es vergessen haben, obwohl ich ihn an diesem Tag gar nicht bei mir, sondern nur in der Stadt getroffen hatte, auf der Durchreise, zu einem kurzen Tee, fast schon auf dem Rückweg zum Bahnhof, das Krokodil hatte mir auf dem Bahnsteig noch zugewunken. Vielleicht wurde das Krokodil über die Mauer geworfen? Egal, der Rasen war feucht und das Wetter unbeständig, also holte ich das Krokodil in die Wohnung, legte es auf den Küchenschrank und vergaß es dort.

Einige Tage später war das Krokodil weitergereist. Ich sah es mit einem kleinen Floß in Richtung Seeufer fahren, auf dem Blog des Freundes. Das Floß hatte ein Segel aus Pappe. Das Krokodil sah glücklich aus.

Im Fotogeschäft

Ich solle nur reinkommen, vier Bilder neun achtzig, gleich zum Mitnehmen, sofort fertig, alles nach Vorschrift und biometrisch, man sehe den Leuten schon in der Tür an, was sie wollten. Nein, er entwickle keine Rollfilme mehr, höchstens mal für die Studenten vom Kunstinstitut, die hätten das noch in der Ausbildung, richtig mit Platten und so. Ob ich denn ein Künstler sei? Die Zeit sei vorbei, das lohne sich nicht mehr, kein Mensch bringe noch Filme ins Labor, die Maschinen, die Chemikalien, alles werde teurer und die Chemikalien kippten so schnell um, wenn man sie nicht benutze, schwarz-weiß ginge ja noch von den Kosten her, aber Farbentwicklung sei ganz schlecht. Nein, auch kein schwarz-weiß mehr. Der Markt breche zusammen, jetzt gerade in diesem Moment, in diesen Wochen, die analoge Epoche sei am Ende und wenn die Maschine das nächste Mal kaputt sei, ginge sie auf den Müll und dann sei endgültig Schluss. Und meinen Apparat könne ich am besten auch gleich wegschmeißen.

Nürnberg

Zonenrandgebiet. Der Druck auf den Ohren, als wir die Frankenwaldbahn fahren. In der Bahnhofsbuchhandlung ein riesiges Regal mit Esoterika. In einem Aufsteller gemeinsam ›Unsere Zeit‹, ›Nationalzeitung‹, ›Rote Fahne‹, ›Deutsche Stimme‹, ›Jungle World‹ und ›Graswurzelrevolution‹. Deutsche Geschichte. Draußen gibt es Würste und Brezeln, Brezeln und Würste. Freundliche Menschen. Auf dem Weg ins Hotel lässig die ›Abendzeitung‹ aus dem Automaten ziehen und in dem Moment wünsche ich mich in Hut und Mantel, im Gehen gleich die erste Seite lesend. Stattdessen stopfe ich sie in die Tasche. Beim Frühstück ein Mann mit seinem Enkelsohn, beide in der Montur vom Club, der am Nachmittag ein Graupenspiel gegen Köln gewinnen sollte, eins zu null im easyCredit-Stadion, aber egal. An der Stadtmauer sind die Penner morgens schon da oder noch. Vor der St.-Lorenz-Kirche der weiße Mann auf einem Podest, die Touristen fotografieren ihn und die Kirche und die Burg und sich selbst, das am meisten.