Kategorie: Notizen

Das monatliche Skatturnier hat den Modus umgestellt: Es gibt jetzt Sachpreise — eine Art Präsentkorb, aber in einer Papiertüte. In der letzten Woche habe ich gewonnen (2 x 21 Spiele, 1406 Punkte, 4. Platz): 2 Kabanossi, 1 Rindersalami, 1 Mettwurst, 1 Dose Geflügelpaste, 1 Dose Heringsfilets, 1 Schachtel Éclats de Noisettes und 1 Packung Mangosaft. Es handelt sich ausnahmslos um Lebensmittel, die ich nicht essen soll. Ich habe die Kabanossi, die Kekse und den Saft verbraucht und den Rest verschenkt. Deutsche Skatkultur und gesunde Ernährung sind nicht miteinander vereinbar.

Ich saß zweimal am Vierertisch. Im ersten Durchgang hatte ich nach Skataufnahme in Mittelhand dieses Blatt. Ich drückte Karo Zehn und Pik Zehn und spielte Herz = 50 Punkte. Der Kartengeber durfte kiebitzen und sagte mir hinterher, dass der Grand mit Karo Zehn und Karo Dame gedrückt unverlierbar gewesen wäre = 120 Punkte. Ich bin mir da nicht so sicher, aber mit 70 Punkten mehr hätte ich eine noch größere Tüte bekommen.

Seit ein paar Wochen fahre ich jeden Freitagnachmittag zum Zeitungskiosk im Möwencenter. Das Möwencenter ist ein Einkaufszentrum in einem Neubaugebiet am Stadtrand, gleich neben dem Rewe, der ganz früher die Kaufhalle Mitte war und jetzt Schwarzer Rewe heißt, weil er mal abgebrannt ist. Es ist nicht unbedingt ein Vergnügen, bei diesem Wetter fünf Kilometer mit dem Fahrrad zu fahren, aber der Zeitungskiosk ist der einzige Laden in meiner Stadt, in dem man noch Perry Rhodan kaufen kann. Seit der Nummer 3300 hat die Serie einen neuen Chefautor, der hoffentlich etwas von Dramaturgie versteht und auch etwas von dem gewaltigen Überbau, den die Geschichte in den letzten Jahrzehnten angehäuft hat, abschmilzt. Ich habe das jedenfalls zum Anlass genommen, wieder mit dem Lesen anzufangen, und bisher läuft es ganz gut. Die Fahrt zum Einkaufszentrum ist ein wenig wie eine Reise auf einen anderen Planeten, hier leben andere Menschen, hier herrschen andere Gesetze. Der Kiosk ist voll von Leuten, die losen Tabak kaufen und Lotto spielen wollen. Zeitungen gibt es hier eigentlich nicht, keiner liest mehr. Jeden Freitag hoffe ich ein bisschen, dass mein Raketenheft ausverkauft ist, damit ich es endlich abonnieren und mir diesen faszinierenden Ausflug ersparen kann.

Einen ganzen Tag lang unterwegs gewesen, um zehn Minuten auf einer Fachtagung zu sprechen. Ich bin nicht gut darin. Ich kann stundenlang einen Gerichtssaal unterhalten, aber ich bin nicht gut darin, mit einem Manuskript an einem Pult zu stehen, während gleichzeitig eine Stoppuhr herunterläuft. Akademiker, Bundesrichter, Ministerialbeamte, alles nicht meine Welt. Ich gehöre da nicht hin. Ich will meine Fälle machen, ich will nicht darüber reden und schon gar nicht, wenn niemand hören will, was ich zu sagen habe. Ich will das machen, was ich gut kann.