Für mich begann David Lynch in Berlin. Ich war im Herbst 1990 nach Berlin gekommen. Draußen war gerade die Welt aufgegangen und ich hatte es immerhin bis in die nächste Großstadt geschafft. In den Kinos lief Wild at Heart und mit diesem Film habe ich mir die Westberliner Kinos erschlossen. Das wurde mein Bild von Amerika, ein Roadtrip, Luna und Sailor, Laura Dern und Nicolas Cage, die in einer leeren Landschaft aus dem Auto springen und in der Wüste neben der Straße tanzen. Falls ich einen Lieblingsfilm habe, ist es wahrscheinlich der. 1991 zog ich wieder zurück nach Greifswald und im Fernsehen lief Twin Peaks, wieder Provinz und Heimatgefühle. Die Bilder und die Musik: Roy Orbison, Angelo Badalamenti, Chris Isaak, Julee Cruise, alles nahm mich gefangen und für alles bin ich dankbar.
Kategorie: Notizen
Das monatliche Skatturnier hat den Modus umgestellt: Es gibt jetzt Sachpreise — eine Art Präsentkorb, aber in einer Papiertüte. In der letzten Woche habe ich gewonnen (2 x 21 Spiele, 1406 Punkte, 4. Platz): 2 Kabanossi, 1 Rindersalami, 1 Mettwurst, 1 Dose Geflügelpaste, 1 Dose Heringsfilets, 1 Schachtel Éclats de Noisettes und 1 Packung Mangosaft. Es handelt sich ausnahmslos um Lebensmittel, die ich nicht essen soll. Ich habe die Kabanossi, die Kekse und den Saft verbraucht und den Rest verschenkt. Deutsche Skatkultur und gesunde Ernährung sind nicht miteinander vereinbar.
Ich saß zweimal am Vierertisch. Im ersten Durchgang hatte ich nach Skataufnahme in Mittelhand dieses Blatt. Ich drückte Karo Zehn und Pik Zehn und spielte Herz = 50 Punkte. Der Kartengeber durfte kiebitzen und sagte mir hinterher, dass der Grand mit Karo Zehn und Karo Dame gedrückt unverlierbar gewesen wäre = 120 Punkte. Ich bin mir da nicht so sicher, aber mit 70 Punkten mehr hätte ich eine noch größere Tüte bekommen.
Seit ein paar Wochen fahre ich jeden Freitagnachmittag zum Zeitungskiosk im Möwencenter. Das Möwencenter ist ein Einkaufszentrum in einem Neubaugebiet am Stadtrand, gleich neben dem Rewe, der ganz früher die Kaufhalle Mitte war und jetzt Schwarzer Rewe heißt, weil er mal abgebrannt ist. Es ist nicht unbedingt ein Vergnügen, bei diesem Wetter fünf Kilometer mit dem Fahrrad zu fahren, aber der Zeitungskiosk ist der einzige Laden in meiner Stadt, in dem man noch Perry Rhodan kaufen kann. Seit der Nummer 3300 hat die Serie einen neuen Chefautor, der hoffentlich etwas von Dramaturgie versteht und auch etwas von dem gewaltigen Überbau, den die Geschichte in den letzten Jahrzehnten angehäuft hat, abschmilzt. Ich habe das jedenfalls zum Anlass genommen, wieder mit dem Lesen anzufangen, und bisher läuft es ganz gut. Die Fahrt zum Einkaufszentrum ist ein wenig wie eine Reise auf einen anderen Planeten, hier leben andere Menschen, hier herrschen andere Gesetze. Der Kiosk ist voll von Leuten, die losen Tabak kaufen und Lotto spielen wollen. Zeitungen gibt es hier eigentlich nicht, keiner liest mehr. Jeden Freitag hoffe ich ein bisschen, dass mein Raketenheft ausverkauft ist, damit ich es endlich abonnieren und mir diesen faszinierenden Ausflug ersparen kann.