Autor: Stefan

Vier Tage, Anfang Juni

Beim Arzt wegen der Formulare für die Reiserücktrittsversicherung und er fragte mich, wie es mir denn jetzt ginge und ich sagte, das werde wohl noch ein paar Wochen dauern, bis es wieder wie vorher sei und er sagte: hoffentlich.

Bei der Beerdigung eines Freundes eine Rede gehalten. Ich war mir nicht sicher, ob ich das schaffen würde, aber als ich für den zweiten Satz einen langen Anlauf genommen hatte und meine Stimme tatsächlich zurückgekommen war, funktionierte es. Ich habe eigentlich keine Sorgen, vor einer Menschenmenge zu reden, aber das war nicht das Problem. Das Problem war ich selbst. Wir saßen unter den alten Bäumen auf dem Dorfriedhof, die Vögel, von allem unbeeindruckt, sangen die ganze Zeit weiter. Am Ende lief High Hopes, es ging endlos. Wir hatten unsere eigene Glocke.

Mit A. in Berlin bei den Pet Shop Boys. Als das Licht ausging und die Musik anfing, standen alle um uns herum auf und gingen nach vorn an die Bühne und das machten wir auch. Wir waren in einer riesigen Halle, aber Neil Tennant und Chris Lowe standen zehn Meter von uns entfernt, als wären wir in einem Club. Vor lauter Glück hatte ich Tränen in den Augen.

Nach der Wahl saßen noch wir draußen vor dem türkischen Imbiss und haben etwas gegessen. Die Stadt war ganz leer, alle waren am Strand.

Rewind Ringo (8)

Old Wave hat eine außergewöhnliche Editionsgeschichte. Aus verwirrenden Gründen, die mit den Plattenverträgen von Ringo zu tun hatten, erschien das Album 1983 nicht in Großbritannien und in den USA, sondern nur in Deutschland, Kanada, Australien und einer Handvoll weiterer Länder. Das Vinyl ist deswegen einigermaßen selten und das ist wahrscheinlich der Grund, warum das Album in der kleinen Ringo-Szene gern als hidden gem oder underrated bezeichnet wird. Ich bin bei solchen Zuschreibungen eher skeptisch, aber in den letzten Wochen habe ich die Platte wirklich oft und mit Vergnügen gehört, ohne dass sie mir über wurde.

Im Grunde ist es ein Album von Ringos künftigem Schwager Joe Walsh, der es produziert und gut die Hälfte der Songs geschrieben hat. Der Rest sind ein paar Klassiker, die Ringo im Schlaf singen kann. Wenn ich etwas hervorheben soll, ist es vielleicht seine Version von She’s About a Mover von Doug Sahm („Hey, hey!“). An Old Wave ist nichts auszusetzen, Ringo hat eine gute Band beisammen, die das macht, was sie am besten kann. Aber niemand hat es bemerkt.

Das Album ignoriert die beginnenden achtziger Jahre („New Wave“) so gut wie möglich und nimmt damit das voraus, was Ringo in den nächsten Jahren machen würde. Er wird in einem Nebel aus Alkohol von der Bildfläche verschwinden und musikalisch erst zehn Jahre später wieder auftauchen.

Das erste Album von Suede war eine prägende Erfahrung für mein spät-jugendliches Selbst. Ich habe die Platte damals sehr viel gehört. Kein einziger schwacher Song, ein begabter Auftritt der Söhne von The Smiths und David Bowie. Gleich danach habe ich die Band aus den Augen verloren.

Vorletzten Sonntag spielten sie in Berlin in der erstaunlich kleinen Columbiahalle. Zur Vorbereitung hatte ich mir ein paar Platten gekauft. Brett Anderson schafft die hohen Töne nicht mehr, aber die Energie und Magie waren trotzdem noch da. Und das Virus, leider.