Autor: admin

Snodgrass

Me, I’m Snodgrass, Kevin, Tracy, fat Doris in her print dress. I’m every bit part player in the whole bloody horrorshow. Everyone except John Lennon.

Wahrscheinlich gibt es keine bessere Methode, um einen Text genau zu lesen, als ihn zu übersetzen. Dabei sind mir in den letzten Wochen die Figuren aus dieser Erzählung ans Herz gewachsen – der grummelnde Doktor Winston, all die Snodgrasses und Tracys, Cal natürlich und die gute Mimi, selbst die dicke Doris und sogar Kevin, ein bisschen. Alle sind auf der Suche nach dem Glück, und jeder auf seine Weise.

Es klingt verrückt, schließlich war ich erst neun Jahre alt, als John Lennon starb, aber ich vermisse ihn noch immer. Im Radio in der Küche spielten sie seine Musik und als am nächsten Tag ein Foto von ihm in der Zeitung war, schnitt ich es aus. Es passte genau in eine Kassettenhülle. Deshalb bin ich vor allem ein dankbarer Leser dieser Geschichte. Wir müssen zwar auf Strawberry Fields Forever, A Day in The Life, Imagine und Woman verzichten, aber John Lennon ist noch am Leben. Besser als andersherum, keine Frage. Die fünf Singles der Nowhere Men, von denen ich bisher nichts wusste, werden sich schon in irgendeinem kleinen Plattenladen auftreiben lassen.

Übersetzen ist natürlich stark übertrieben. Ich habe längst nicht immer verstanden, was der liebe Doktor vor sich hin murmelt. Manches war sehr assoziativ, immerhin war Lennon mal ein Kunststudent. Und manches war so sehr Working Class Hero, dass ich mich verschämt wegdrehen musste. Also seid bitte nicht sauer. Es ist nur eine Geschichte.

Erster Nachtrag

Wer das kleine Büchlein geschenkt haben möchte, schreibt mir bitte. Ich würde mich freuen.

Zweiter Nachtrag

Es gibt auch eine Playlist zur Erzählung, unter anderem mit einem Kurzfilm.

Kennste Kenz, kennste alles

Es hatte sich schon sanft angedeutet: In Stralsund-Grünhufe war ein Junge eingestiegen, der eine Fahrkarte nach Kenz lösen wollte. Wohin wollen Sie? – Nach Kenz. – Nach Kenz? – Ja. Das war wohl schon länger nicht mehr vorgekommen und vielleicht ist Kenz deshalb seit dem letzten Fahrplanwechsel nur noch ein Bedarfshaltepunkt. Kurz vor Kenz kommt nun eine Lautsprecherdurchsage, in der alle Reisenden, die dort aussteigen wollen, aufgefordert werden, die Haltewunschtaste zu betätigen. Weil diese Taste gar nicht so einfach zu finden ist, fragte der Junge den Schaffner danach. Der Schaffner zeigte es ihm und drückte zur Sicherheit auch selbst darauf. Der Junge ging zum Ausgang, der Zug verlangsamte seine Fahrt, der Junge machte sich bereit, der Zug erreichte den Bahnsteig, der Zug rollte langsam daran vorbei, der Zug hielt nicht an. Halt!, rief der Junge und rannte zum Zugführer. Ich will hier aussteigen! Sie sprachen noch eine Weile leise miteinander, der Zug beschleunigte nicht, aber er fuhr weiter bis nach Barth. Nun liegt der alte Wallfahrtsort Kenz nicht besonders weit von Barth entfernt, aber wenn man darauf achtet, ist es doch ein ganzes Stück. Der Junge blieb im Zug sitzen und wartete auf die Rückfahrt.

#150

Der Mann von der Versicherung hat sein Büro draußen in Schönwalde. Er machte in einem Formular unschlüssig ein paar Kreuze, so genau wisse er das auch nicht, aber wir versuchen es mal so. Das Büro ist ein Zimmer im alten Lehrlingswohnheim. Ich war schon einmal in dem Haus, die Mädchen aus meiner Klasse hatten irgendwo ein paar Jungs von dort kennengelernt und nahmen mich zu einer spontanen Party mit. Soweit ich mich erinnere, war es schnell und heftig, kein Abwarten, kein Gequatsche, wir mussten um halb elf zurück im Internat sein, im Block gegenüber auf der anderen Straßenseite, und hatten für so etwas keine Zeit.

Weil wir schon einmal so weit draußen waren, fuhren wir auch noch den Rest bis ganz vor die Stadt in das Einkaufszentrum, das am Montagvormittag ein Rentnerparadies war. Der Mediamarkt hat eine Plattenabteilung und ich fand Get Well Soon. Ich versuche es ja.

Im Rosengarten gibt es jetzt ein kleines persisches Restaurant, das war schön.