Wir kommen bei der Durchsicht von Ringos Repertoire langsam in unbekannte Gewässer. Auf Ringo the 4th verändert er das eingefahrene Schema. With a Little Help from My Friends ist erstmal vorbei. Auf der Platte sind keine Ex-Beatles mehr. Die meisten Stücke sind von Starkey – Poncia, mit Vini Poncia hatte Ringo auch in den Jahren zuvor ein paar Songs geschrieben. Ringo the 4th ist zur Hälfte der Versuch, ein Album mit Disco zu machen — es war schließlich 1977 und Ringos Leben bestand vor allem aus Partys, Alkohol und Drogen. Aber Ringo dabei zuzuhören, wie er sich, unterstützt von zwei freundlichen und vor allem melodiesicheren Backgroundsängerinnen, durch ein paar Disco-Nummern kämpft, weckt schmerzhafte Assoziationen von einem missglückten Abend in einer Karaoke-Bar, bei dem niemand klatscht.
Immerhin, das Album ist von Hand eingespielt, richtige Menschen machen mit richtigen Instrumenten richtige Musik, und Ringo hat phantastische Musiker versammelt. Es ist Disco, aber es ist nicht leblos. Es ist ein guilty pleasure, wenn man möchte.
Trotzdem gibt es auch hier ein paar Sachen, die ich sehr gern höre. Wings ist solider Reggae mit einer Melodie, die bei mir hängenbleibt und einer wundervollen Gitarre von David Spinozza. Auch Ringo muss an diesem Song noch immer etwas finden, er hat ihn jedenfalls 2012 noch einmal aufgenommen. It’s No Secret ist entspannte Tanzmusik, die man mit fortschreitendem Alter ohne weiteres auf einer Geburtstagsfeier auflegen könnte. Doch am meisten mag ich Gave It All Up, eine Ballade, in der Ringo eine Geschichte von Verlusten erzählt. Ein klares, schönes Lied, er kann es also noch. Und in der Auslaufrille der ersten Seite ist ein kleines endloses Hörstück versteckt, solche Späße gefallen mir ja. Es ist komischerweise noch nicht in der Wikipedia vermerkt, wahrscheinlich hat noch niemand so lange durchgehalten.
Das Cover würde man heute wahrscheinlich auch nicht mehr machen. An dieser Stelle kein Wort über die Rückseite.