Nach Bornholm geht es am besten mit dem Fahrrad. Bis nach Lancken fährt ein Zug und von dort rollt man den Berg bis zum Fährhafen hinunter, stellt sich vor die Autoschlange, fährt zuerst auf das Schiff und sucht sich einen Fensterplatz auf der Bugseite. Später sieht man Rønne am Horizont auftauchen und langsam größer werden und dann ist man schon da.
Die Ostsee wiederentdeckt: Sømarken hat einen schmalen Strand, der trotzdem genug Platz für alle hat. Wind und Wellen, das Seegras schneidet in die Füße. Das Wasser ist nicht gerade leer gekämmt, doch das macht nichts. Das Meer geht nach Süden, die Sonne scheint über das Wasser auf den warmen Sand. Ein Stück nach Westen steht eine Holzbude in der Düne, darin ein Sternerestaurant. Glücklicherweise haben sie draußen die Speisekarte an die Wand gehängt, um zufällig vorbeikommenden Wanderern eine peinliche Situation zu ersparen. Wir sparen für den nächsten Sommer.
An unserem Ferienhaus im Wald gehen wie selbstverständlich Rehe vorbei, sie wohnen hier.
Die Insel steigt zur Mitte hin sanft an. Der Weg nach Pedersker führt durch die Felder hinauf und quert den Søndre Landevej, der bis nach Rønne führt. Im Dorf, gegenüber der alten Molkerei, liegt der Dagli’Brugsen, der einzige Lebensmittelladen unterhalb einer Tagesreise. Sømarken selbst hat nur ein Bäckerauto, eine Fischräucherei und ein Sternerestaurant. Die Infrastruktur ist angenehm überschaubar.
Sehenswürdigkeiten in Aakirkeby: die Domkirche, die Himbeerschnitte vom Bäcker.
Rønne ist eine Kleinstadt, die zur Hälfte aus einem Seehafen besteht. Transitzone. Mehrmals am Tag laufen die großen Schiffe ein und spucken einen Schwall Passagiere aus. Die Hammerodde und die Povl Anker fahren nach Køge und Sassnitz. Nach Ystad fährt die Leonora Christina, ein Katamaran. Alle Schiffskörper sind schwarz gestrichen, wie geteert. Ich könnte ihnen den ganzen Tag zusehen.
In der zweiten Woche ziehen wir auf die Nordseite der Insel um. Gudhjem ist einer derjenigen Orte auf Bornholm, die im Reiseführer durchweg als pittoresk beschrieben werden. Häuser, Hafen, Restaurants, Schokoladenfabrik – alles sieht aus, als wäre es für Instagram optimiert worden. Trotzdem ist es großartig, die Straße bis zum Hafen hinunterzugehen.
Jeden Morgen begrüßen die Möwen den Sonnenaufgang mit einer Begeisterung, als ob sie die Sonne zum ersten Mal in ihrem Leben sehen würden. Bedenkt das, wenn ihr in einer Hafenstadt Urlaub machen wollt, in der es selten bewölkt ist und ihr keine ausgesprochenen Frühaufsteher seid.
Das Softeis am Hafen von Gudhjem ist wirklich überragend. Die Pølser erscheinen dagegen verzichtbar.
Wir treffen uns mit Freunden. In Deutschland sehen wir uns vielleicht einmal im Jahr, obwohl sie nur zwei Stunden entfernt wohnen. Auf Bornholm schaffen wir drei Mal in einer Woche. Das ist sehr schön. Am einfachsten wäre es doch, wir alle würden im Sommer dorthin ziehen. Die Insel ist klein genug, um sich gegenseitig zu besuchen und groß genug, um für jeden einen Platz zu haben.
Svaneke ist Peak Picturesque und entsprechend voll. Eisfabrik, Schokoladenfabrik, Lakritzfabrik, Kaufmannsladen, Street Food, Glasbläserei. Mich beschleicht der Verdacht, dass die Stadt jedes Frühjahr vom Tourismusbüro aufgebaut und am Ende der Saison in einem Gewerbegebiet im Inneren der Inseln eingelagert wird.
Die Østerlars Kirke ist grandios, schon wegen der in Jahrhunderten ausgetretenen Steinstufen zum Dachboden.
Auf dem Marktplatz von Rønne sitzen zwei alte Männer auf der Bühne. Gitarre und Trompete, sie spielen Jazzstandards, mit Coolness und Würde. Ich traue mich nicht, näher heranzugehen und Fotos von ihnen zu machen, aber ihren warmen Ton höre ich noch immer.
Es gibt Østermarie und Østerlars, aber die arme Vestermarie wartet bis heute auf ihren Vesterlars.