Klagefall

Kurzmitteilungen

Seit drei Wochen stehe ich jeden Morgen um halb sieben auf und lasse die Bauarbeiter ins Haus. Nach dem Sonnenaufgang schleiche ich mich müde ins Büro, um ihnen nicht im Weg zu sein und um dem Lärm aus dem Baustellenradio zu entgehen. Seit drei Wochen lege ich mich jeden Nachmittag hin, um den verlorenen Schlaf wieder einzufangen. Jeden Tag kosten mich die Bauarbeiter ein Vermögen, viel mehr Geld, als ich jemals verdienen könnte. Jeden Tag erfinden sie neue Dinge, die im Haus gemacht werden müssen. Inzwischen glaube ich, dass die Baustelle ein Teil meines Lebens geworden ist. Sie wird niemals fertig sein. Bald werde ich zur Bank gehen und um neuen Kredit bitten müssen und wenn ich die Zinsen dafür auch nicht mehr bezahlen kann, wird die Bank das Haus versteigern lassen. Dann werde ich ausziehen und ein Feldbett im Büro aufstellen, während die Bauarbeiter in einer unendlichen Frühstückspause an meinem alten Küchentisch sitzen und lachend ihre Stundenzettel ausfüllen.

Nach über zwei Stunden mit mostly schwerer Kost kam Robert Smith noch einmal auf die Bühne, sagte

Here is a handful that’s gonna send you home happy

und verwandelte The Cure für sieben Songs zurück in eine Popband aus den achtziger Jahren. Ich habe selten ein so entspanntes, fröhliches, glückliches Konzertpublikum erlebt wie gestern Abend. Um halb zwölf schlichen wir müde aus der riesigen Halle.

Die Nachbarn säubern mit einem Gasbrenner den Gehweg von Unkraut, es klingt, als ob vor dem Fenster ein Flugzeug starten würde. Wir verbrennen Gas und produzieren Kohlendioxid, um Pflanzen zu vernichten, die Kohlendioxid speichern könnten. Seit einer Woche steigen die Temperaturen am Tag über dreißig Grad Celsius. Die Flüsse trocknen aus. Der Gehweg ist sauber. Die Welt ist verrückt geworden.

Der Sommer bleibt erbarmungslos schwül und warm, aber die Tage werden wieder kürzer und zeigen an, dass die Hitze auch in diesem Jahr ein Ende finden wird. Es wird früher dunkel, aber ich schlafe trotzdem schlecht.

Ja, Fatalismus funktioniert nicht, aber alles andere funktioniert auch nicht. Die Leute sind zufrieden, so wie es ist. Niemand will Veränderung. Die Politik bildet das ab. Ich setze auf rationale wirtschaftliche Prozesse, die Ökonomie treibt seit jeher den Fortschritt an, Selbstvernichtung ist kein erfolgreiches ökonomisches Konzept.