Schlagwort: The Beatles

Es gibt in der Musikgeschichte wahrscheinlich kein anderes Album, dessen Entstehung so gut nachvollziehbar ist, wie Let It Be von den Beatles. Paul McCartney hatte die Idee, einen Film über die Probenarbeiten von neuen Songs zu machen, die in erster Linie in ein Konzert münden sollten: Nach einem Monat kletterte die Band Ende Januar 1969 auf das Dach ihres Londoner Studios und spielten das berühmte Rooftop Concert. Die Platte war eher eine Art Soundtrack dazu und erschien nach vielen Mühen erst über ein Jahr später, da hatte sich die Band schon längst aufgelöst.

Da jede Note der Proben mitgeschnitten und später fast alles auf unzähligen Bootlegs veröffentlicht wurde, können wir auch hören, was passierte, nachdem George Harrison am 10. Januar 1969 nach einem Streit seinen (später glücklicherweise rückgängig gemachten) Ausstieg erklärte und nach Hause gefahren war: John Lennon schnappte sich seine Gitarre, spielte ein paar Takte A Quick One While He’s Away von The Who, brüllte herum, sagte Okay George, take it! und improvisierte ein knallendes Gitarrenriff. Paul McCartney und Ringo Starr stiegen ein und schließlich nahm sich auch Yoko Ono ein Mikrofon und schrie hinein. Für diesen Moment der Jam-Session war sie Teil der Band.

Das mag ich und ich mag den Gedanken, dass George Harrison, nachdem er zu Hause angekommen war – also fast gleichzeitig – Wah-Wah geschrieben hat. Das klingt ganz ähnlich, auch den Song sollte man besser laut hören.

Nachtrag

Never read the comments, jedenfalls wenn es um Yoko Ono geht. Es gibt kein einziges Video im Internet, unter dem sie nicht mit Hass überschüttet wird, auch wenn sie nur ganz am Rande vorkommt.

Das Zwölfte Album

Vor einiger Zeit begann ich damit, mich näher mit den letzten Jahren der Beatles und den ersten Jahren der Ex-Beatles nach Auflösung der Band zu beschäftigen. Bald stellte ich fest, dass dieses Thema unerschöpflich ist, wahrscheinlich, weil es eine brauchbare Metapher für das Leben darstellt. Bis heute machen sich beispielsweise eine Menge Leute ernsthafte Gedanken über die Frage, wie im Jahre 1971 das nächste Beatles-Album ausgesehen hätte. Etwa an dieser Stelle stieß ich auf The Twelfth Album von Stephen Baxter: Es geht um zwei Männer Mitte Vierzig, die auf der Trauerfeier ihres Freundes auf dessen Schiff das zwölfte Beatles-Album finden. Ein Album, das es eigentlich nicht gibt, in unserer Welt. Da kommt einiges zusammen. Weil ich keine Übersetzung finden konnte, habe ich eine eigene gemacht, nur für den Hausgebrauch.

Lightoller can be an anorak sometimes. Beim Übersetzen hatte ich ein paar Schwierigkeiten mit dem Wort anorak. Unser Protagonist ist doch wohl keine Jacke? Das Urban Dictionary half schließlich weiter: Der Ausdruck ist Slang für einen Menschen, der sich obsessiv für ein Thema interessiert, das so viel Aufmerksamkeit eigentlich nicht zu rechtfertigen scheint. Womöglich vergessen solche Leute auch manchmal vor Begeisterung, ihre Jacke auszuziehen, wenn sie zuhause sind – das könnte die Etymologie sein.

Mit der Zeit sind mir Lightoller, Sick Note und der namenlose Ich-Erzähler ans Herz gewachsen. Vielleicht macht es auch mehr Spaß, die Erzählung zu übersetzen, als sie zu lesen. Es kann durchaus sein, dass etwas anorak dem Lesevergnügen nicht schadet. Ich war jedenfalls entzückt, als ich endlich bemerkte, dass der Autor hier mehrere Alternativgeschichten ineinander versteckt hatte, wie in einer Matrjoschka. Mal ganz abgesehen von den wunderbaren Songs auf diesem Album, die es so eigentlich nicht gibt, in unserer Welt.

Nachtrag

Aus der Übersetzung habe ich ein kleines Büchlein gemacht. Wer es geschenkt haben möchte, kann mir gern schreiben, ich schicke es euch zu.

Heute kam [1] eine dicke Box mit dem remasterten White Album. Ich hatte ein bisschen überlegt, ob ich die Esher Demos dazu wirklich brauche, aber ja, richtige Entscheidung, wunderbare Aufnahmen.

[1] Mit der Post. Ich hätte gern einen Plattenladen in der Stadt, doch leider.

Nachtrag

Wald und Höhle erzählt hier mit Musikerohren seine eigene Albumgeschichte.