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Sjumansholmen




Zuerst kam die Landhebung, danach kamen die Möwen und dann kamen die Kommunisten. Sie pachteten die Insel für 30 Kronen im Jahr von Gustav Olsson aus Donsö und bauten ein Zeltlager für Arbeiterkinder.

Als die Kommunisten ihre beste Zeit hinter sich hatten, pachtete ein Verein Sjumansholmen. Vom Kommunismus sind noch ein Tanzboden und eine Sauna für alle übrig. In der Bude am Hafen ist eine kleine Bibliothek. Jeder kann dort Bücher hinbringen und mitnehmen. An der Wand hängt das Protokoll der letzten Vereinssitzung. Sie haben jetzt eine gemeinsame Dropbox, einen gemeinsamen Müllcontainer und protestieren gegen die Marine, die im Schärengarten ihre Schießübungen verzehnfachen will. Es gibt keine Grundstücke auf der Insel. Vi äger tillsammans, sagt Eva am Telefon und ich solle mich deshalb nicht wundern, wenn andere Leute an unserem Haus vorbeigingen.

Wenn man auf den Felsen klettert, sieht man am Horizont die großen Frachtschiffe, die das Kattegat entlangfahren.

In der Zeitung ein längerer Artikel über russische Seemanöver in der Ostsee. Der Kommentator fragt sich, ernsthaft besorgt, ob das schwedische Militär angesichts dessen noch genügend ausgerüstet ist.

Es geht aber niemand an unserem Haus vorbei. Die Insel ist sehr klein und wir sehen die anderen Inselbewohner nur am Bootsanleger. Um zehn geht ein Schiff über Vrångö in die Stadt. Viertel vier fährt eins rüber nach Donsö. Kurz vor sechs kommt das Schiff aus Göteborg. Der Fahrplan ist rasch zu erlernen.

Die Möwe, die den ganzen Tag auf dem Stein vor dem Terrassenfenster steht, sieht aus wie einem maritimen Einrichtungskatalog entnommen.

Im Fernsehen ist Almedalsveckan. Am Abend hält Jonas Sjöstedt eine Rede. Ein sanfter Arbeiterführer. Vänsterpartiet vill införa ett grundlagsskydd för det vi äger gemensamt.

Der Westwind. Die Landkartenflechten auf dem Gestein. Die Lichter von Donsö, als schließlich doch noch die Dämmerung anbricht.

Am Morgen wecken uns die Möwen. Ein Leben in den Lüften. Als wir einen verbotenen Weg gehen wollen, hinter der Wiese mit dem Spielplatz, dort im hohen Gras, verjagen sie uns mit Kreischen und Sturzflügen, bis wir wieder umkehren. Die Insel gehört den Möwen.

Ljungskile

Ich gehöre leider nicht zu denjenigen Leuten, die ihr Leben nach dem Fußballkalender ausrichten. Aber es traf sich schon ganz gut, dass das Auswärtsspiel von Trelleborgs FF, mit dem mich eine unglückliche Liebe verbindet, im Sommer einigermaßen auf dem Weg lag. Trelleborg war gerade abgestiegen und die Leute, die ihr Leben nach dem Fußballkalender ausrichten, trösten sich dann mit dem Gedanken, dass sie jetzt wenigstens ein paar neue Stadien kennenlernen können. So kamen wir nach Ljungskile, einem kleinen Ort mit gut dreitausend Einwohnern an der Westküste, der wahrscheinlich nur durch seinen Zweitligaverein berühmt geworden ist.

Das Stadion von Ljungskile liegt außerhalb der Stadt hinter ein paar Weiden und Pferdeställen auf einer Waldlichtung. An den Längsseiten gibt es zwei Tribünen, die eine ist überdacht, der Rest ist offen. Am Eingang zum Stadion steht ein Kassenhäuschen aus Holz und für die Verpflegung gibt es einen Kiosk. Mehr braucht man auch nicht. Der Mann am Einlass schwärmt vom deutschen Fußball. Er war mal im Hamburger Volkspark, gegen Bayern München, siebzigtausend Zuschauer. Gegen Trelleborg werden es 735. Wir dürfen auf die Haupttribüne – heute werde es sowieso nicht so voll.

Im Stadion ist gute Stimmung, die Sonne scheint, alles ist sehr entspannt. Die Ballmädchen und Balljungen werden einzeln mit Namen vorgestellt und beklatscht. Während der Partie sagt der Stadionsprecher ständig die aktuellen Wettquoten durch, die Schweden lieben Sportwetten. Man kann auf den Ausgang des Spiels wetten, auf das genaue Ergebnis und auf die Anzahl der Tore. Es gibt auch irgendwelche Lose zu kaufen, deren System ich aber nicht verstanden habe.

Das Spiel ist schnell erzählt. Ljungskile bekommt gleich am Anfang einen Elfmeter, ich bin der einzige im Stadion, der protestiert, also kann man den wahrscheinlich geben. Trelleborg läuft den Rest der Partie diesem Rückstand hinterher, ohne Erfolg. Die meisten Zuschauer gehen zufrieden nach Hause. Am Ende der Saison wird Trelleborg ein zweites Mal abgestiegen sein. Im nächsten Jahr gibt es wieder neue Auswärtsfahrten. Fußball ist nie zu Ende.

Anderstorp Storgatan

In der Storgatan von Anderstorp sieht man noch das Volksheim. Der ICA-Supermarkt, die Poliklinik, die Apotheke, das Altenheim, der Stoffladen, die Pizzeria und das Volkshaus. Eine Allee mitten in der Stadt, genug Platz für amerikanische Oldtimer und die Maiparade der Socialdemokraterna.