Öresundsbron, Ostern 2024
Schlagwort: Malmö
Noch etwas zu Schallplatten
Auf Discogs schreibt mir jemand, ob die Matrizennummer auf der Auslaufrille meiner Odeon-Pressung von Love Me Do wirklich 17144-1 ist, wie in der Datenbank angegeben, insbesondere ob das -1 am Ende da ist. Ich bin froh, dass sich jemand um diese Dinge kümmert, hier scheint eine Unsicherheit entstanden zu sein. Ich hole die Kiste mit den Singles aus dem Schrank und schaue nach – alles in Ordnung.
Ich habe meine Platten noch einmal umsortiert, sie stehen jetzt alphabetisch im Regal, geordnet nach Bandnamen (ohne The) und Vornamen. Die Sortierung nach Vornamen ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber das habe ich schon in Nexø so gesehen, also warum nicht. Vor allem ist meine Sammlung auch bei Discogs so gelistet, also lasse ich Discogs entscheiden. Die Seite will auch, dass Wings und Paul McCartney nicht mehr nebeneinander stehen (sondern unter W und P), ich füge mich widerwillig. Plastic Ono Band Live Peace in Toronto 1969 habe ich aber bei John Lennon gelassen, das wäre selbst mir zu viel Ordnung.
In einem Hamburger Plattenladen ein Gespräch über Preise. Ich finde, Platten müssen billiger werden, damit sich die nächste Generation auch noch Musik leisten kann. Die alten weißen Männer mit Geld und Sammelleidenschaft, die jetzt noch die Läden bevölkern, sterben bald aus. Der Besitzer stimmt mir zu, aber was soll er machen, er ist hier in Eppendorf, die Leute kommen rein und sagen, was sie wollen, und dann zahlen sie einfach, was die Sachen kosten, und das ist auch wieder wahr.
In einem Plattenladen in Malmö ein Gespräch über Preise. Die Verkäuferin erzählt, dass die Dänen sich kaputt lachen, weil hier alles so billig ist. Sie haben eine fantastische Auswahl, nicht zu viel, ein bisschen schräg, überhaupt kein Schrott. Im besten Fall ist ein Plattenladen ein sozialer Ort wie dieser hier, mit einem Sofa, mit einem Kaffee, mit Stammkunden und Laufkundschaft, mit guter Musik. Ich hoffe, dass das nie aufhört.
Malmö
In Schweden benutzt zwar praktisch niemand mehr Bargeld, aber sie haben im Sommer trotzdem alle vernickelten Kronen aus dem Verkehr gezogen und durch winzige neue Münzen ersetzt. Mit Rücksicht auf die Allergiker. Die Schweden lieben diese Begründung. Ich erleichtere mein schwedisches Portemonnaie um 57 wertlos gewordene Kronen. Ich könnte reich sein.
Das Schiff ist fast leer. Der Dezembersturm hat sich rechtzeitig gelegt. See anfangs 3 Meter, aber selbst davon ist nicht mehr zu spüren.
Das Hotel ist aus dem 19. Jahrhundert. In der Mitte des Treppenhauses liegt ein vergitterter Fahrstuhlschacht, nur der Liftboy fehlt. Die alten Zimmer wurden mit Pappwänden parzelliert. Ich schlafe mit Ohrstöpseln, trotzdem wache ich um halb sechs vom Schnarchen meines Zimmernachbarn auf. Um halb sieben fängt er zu telefonieren an, er hat auf Lautsprecher gestellt. Als ich an die Wand klopfe, wundert er sich, warum ich noch schlafen wolle, es gäbe doch gleich Frühstück. Mein Zimmernachbar spielt auch beim Schachturnier mit. Das ganze Hotel ist voller Schachspieler, wir haben einen Preisnachlass bekommen.
In der vorletzten Runde spiele ich gegen Nejib aus Lund. Er ist 72 Jahre und hat neben dem Brett immer ein abgegriffenes französisches Taschenbuch zu liegen. Wir spielen eine lange umkämpfte Partie, die schließlich mit einem Unentschieden endet. Nejib bedankt sich für ihren Inhaltsreichtum, er habe so gut gespielt, wie er könne. Ich bedanke mich auch. Es kommt sehr selten vor, dass beide Spieler glücklich sind.
In der letzten Runde ist Feueralarm. Knapp dreihundert Menschen verlassen den großen fensterlosen Raum durch eine schmale Glastür. Zum Glück brennt es nicht. Ich frage Nejib, was los sei und er sagt, es gäbe in diesem Land viele Regeln und es sei sehr wichtig, dass wir sie einhielten. Nach zehn Minuten kommt die Feuerwehr und wir dürfen zurück ins Haus.
Der kleine Weihnachtsmarkt ist mit Betonsperren gesichert. In den Bäumen hängen Geschenke.