Schlagwort: Hiddensee

Inseln

Katapult MV hat eine Karte mit den 33 größten Inseln in Mecklenburg-Vorpommern gemacht. 33 Inseln hören sich gar nicht so schlecht an, aber jede schwedische Kleinstadt mit einem durchschnittlichen Schärengarten kann darüber nur müde lächeln. Trotzdem, besser als nichts. Mit einem Meer vor der Tür ist alles besser.

Wer die Liste betrachtet, stellt sehr schnell fest, dass die wesentlichen Inseln in Vorpommern liegen. Mecklenburg hat dafür die Seen. Seen sind auch gut. Ich hätte gern einen See am Stadtrand, aber man kann nicht alles haben.

Ich gehe mal die Inseln durch, auf denen ich schon war. Die Liste ist from least to best. Alle mögen Charts.

11. Riems

Betriebsausflug zum Friedrich-Loeffler-Institut. Hochsicherheitstrakte, sie können da eine ganze Kuh rückstandsfrei in einem Säurebad auflösen. Es stellt sich kein richtiges Inselgefühl ein, außerdem führt ein Damm vom Festland dahin. Eine Insel sollte höchstens mit einer Brücke erschlossen sein, besser noch nur mit dem Schiff erreichbar. Pluspunkt ist der Blick auf den Riems aus der Entfernung, etwa von Stahlbrode aus oder vom Zudar. Die Anlagen sind beeindruckend. Sorry, Riems.

10. Koos

Ist aus Naturschutzgründen gesperrt, gleich nach der kleinen Brücke auf die Insel ist ein Zaun. Ich habe mich nicht getraut, dort weiterzugehen. Mangels näherer Kenntnis deshalb nur Platz 10, womöglich unterbewertet.

9. Vilm

Noch ein Betriebsausflug, uns wurde das frühere Feriendorf der DDR-Regierung gezeigt, bessere Gartenlauben, alles sehr deprimierend. Die DDR hatte wirklich keinerlei Glamour.

8. Ummanz

Etwas abgelegen zwischen Rügen und Hiddensee. Ich hatte hier mal einen Ortstermin, es ging um Kühe und um Schilfmahd, aber ich kann mich an den Zusammenhang nicht mehr erinnern. Sehr leer und eigenartig.

7. Poel

Hier hatten wir einmal ein Familientreffen, war angenehm. Gute Relation zwischen Fläche und Menschen.

6. Dänholm

Ist eigentlich nur da, damit der Rügendamm zwischendurch abgestützt wird. Ich war hier monatelang kaserniert, während draußen der Weltkommunismus zusammenbrach. Manchmal bin ich heimlich hinunter zum Strelasund gegangen und das war schön.

5. Hiddensee

Lieblingsinsel aller Ostdeutschen, aber ich habe bislang nie richtig angedockt. Vielleicht das viele Geld, vielleicht der Westwind, die kalte Ostsee, ich weiß es nicht. Würde ich gern ändern.

4. Rügen

Rügen ist klar. Von Mukran fahren die Schiffe nach Schweden und Bornholm ab. Der ganze Süden ist schön und leer und den Zudar mag ich besonders. Den Nordwesten kenne ich fast gar nicht. Dranske und der Bug fehlen mir komplett, eigentlich alles, was mit Bahn und Fahrrad schwer zu erreichen ist. Der Nachteil von Rügen ist die Größe: Man merkt nicht unbedingt, dass man auf einer Insel ist.

3. Großer Kirr

Mein Joker, ich habe hier mal einen Ortstermin gemacht, sobald sich die Gelegenheit bot. Wir wurden mit einem kleinen Schiff vom Zingst abgeholt. Der Kirr ist im Grunde eine große Wiese, die nur ein paar Zentimeter aus dem Wasser ragt. Paradies für Vögel und Ornithologen. Im Sommer stehen auf der einen Seite der Insel Kühe. Kühe können nicht schwimmen.

2. Usedom

Gute Gefühle für Usedom. Ich habe hier zweimal eine längere Zeit verbracht (Peenemünde, Trassenheide). Der Küstenwald im Norden der Insel ist wundervoll. Es gibt eine gut ausgebaute Eisenbahn, überall Fahrradwege und sogar Berge. Außerdem Schaschlik in Swinemünde.

1. Greifswalder Oie

Klarer Platz 1. Nur mit dem Schiff erreichbar, das einigermaßen weit hinaus aufs Meer fahren muss. Phantastische Topographie, Vogelschutzgebiet, Leuchtturm vorhanden. Ich würde dort gern einmal länger sein.

#132

Auf dem Rückweg von Hiddensee nach Stralsund lässt der Nordostwind das flache Boot auf den Wellen schaukeln. Ich brauche frische Luft und gehe zum offenen Heck an die Reling. Nach einer Weile kommt ein älterer Mann heraus und stellt sich neben mich. In den Händen hält er eine blaue Tupperdose. Er öffnet sie und wirft eine Handvoll Blütenblätter hinaus auf das Wasser. Eine Weile lang schließt er die Augen, dann geht er wieder hinein.

Hiddensee

Am Hafen in Stralsund empfängt uns der unfreundlichste Fährmann der Welt. Passagiere mit Fahrrädern gehen zuletzt auf das Schiff. Das Heck steht voller Pedelecs, niemand hat eine Chance gegen deutsche Rentner. Anbaden in Neuendorf, die Junisonne wärmt das flache Wasser, der Nordostwind treibt es auf das Meer hinaus. Viel Wind, auf Hiddensee ist immer zu viel Wind. In der Dünenheide grast eine Schafherde. Am Weg stehen Schilder, die vor den Kreuzottern warnen. Ein Café in Vitte, da wo das Zeltkino war. Auf der Wiese vor Kloster weiden Pferde, so als ob sie jemand in ein Bild hineingemalt hätte. Wir gehen die NVA-Plattenstraße hinauf zum Dornbusch, vom Leuchtturm aus ist Møns Klint zu sehen, gute Sicht heute. Erst nach der Bestellung entdeckt, dass es im Klausner noch immer Ostbrause gibt, das war meine Erinnerung an diesen Ort – draußen im Garten unter einem Schirm zu sitzen und Brause zu trinken. Unten in Kloster ist die Kreuzung, an der es nach rechts zum Hafen geht. Dort auf dieser Kopfsteinpflasterstraße habe ich als Kind einmal meine Eltern verloren, als wir zum Schiff liefen. Wir fahren auf der Ostseite zurück nach Neuendorf, mein Bauch kämpft mit den Bratheringen vom Mittag. Noch einmal Baden, das Wasser ist immer noch kalt. Das Schiff ist voll, die Plätze mit Jacken und Taschen besetzt, so wie Sonnenliegen am Hotelpool mit Handtüchern. The german art of taking seats. Schräg gegenüber sitzt ein Mann mit Kopfhörern. Er hat die Augen geschlossen und trommelt einen vertrackten Rhythmus auf dem Tisch mit, es sieht aus wie Jazz. Der Mann benutzt für seine Musik DAT-Kassetten, die er in einer transparenten Tupperdose mit einem blauen Deckel aufbewahrt.