Mein Französisch ist verschwunden. Ich erinnere mich nur noch an ein paar Lieder: Sur le pont d’Avignon, J’ai du bon tabac, Marseillaise. Wir haben viel gesungen. Es war die dritte Fremdsprache, wir machten den Abiturstoff in drei Jahren, fünf Stunden die Woche.

Unsere Lehrerin liebte die Sprache, obwohl sie niemals in Frankreich war, nur in Gedanken. Sie war immer gut gekleidet und trug eine extravagante Brille, deren Bügel an der Unterseite der Gläser ansetzten. Unsere Vornamen sprach sie französisch aus. Grandeur zwischen abgewetzten Schulbänken.

Madame N. hatte ein etwas hysterisches Verhältnis zur Technik, sie war ihr unheimlich. Einmal in der Woche gingen wir in das Sprachkabinett im Erdgeschoss und machten, mit speckigen Kopfhörern auf den Ohren und in abgetrennten Kabinen sitzend, Übungen in Aussprache und Hörverständnis, sobald es unserer Lehrerin gelungen war, das Tonbandgerät in Gang zu setzen. Sie saß dazu auf einem Podest und einmal blieb sie auf dem Weg dorthin mit ihren hohen Absätzen in einer Ritze zwischen den ausgetretenen Holzdielen hängen, mit den Armen entsetzt durch die Luft rudernd, Hilfe! Hilfe! Das ist geblieben.

– via Libralop