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Über ein Auto

Im August hatte ich ein ernstes Gespräch mit dem Chef der Autowerkstatt. Vor unserer Sommerreise hatten wir noch einmal ein paar Sachen machen lassen, der Chef hatte mich vorher angerufen und das Auto mit einer Art Gabelstapler hochgefahren, so dass wir uns gemeinsam den Unterboden anschauen konnten. Wir standen unter dem Auto und er klopfte an mehreren Stellen mit einem Hammer gegen die Karosserie. Kein metallisches Geräusch mehr erkennbar, der Rost hatte ganze Arbeit geleistet, ein Franzose eben. Im Februar würde der TÜV ablaufen und dann wäre Schluss mit dem Auto.

Ich dachte daran, wie ich im Februar 2002 mit meinem Vater frühmorgens mit dem Zug bis nach Münster und von dort mit dem Bus nach Everswinkel gefahren war, um das Auto zu holen, die Jackentasche voller druckfrischer 500-Euro-Scheine. Drei Jahre alt, kaum gefahren, komische Farbe und eine Delle auf dem Dach, von der im Internet nichts gestanden hatte. Ein Kangoo mit einer Schiebetür hinten und einem Kofferraum, in den alles reinpasste: Fahrräder, Kinderwagen, Baumaterial, Möbel, Zelte, Wahlplakate. Dann fuhr ich los.

Auf der Sommerreise erwischte uns zwischen Umeå und Örnsköldsvik ein LKW mit einem Stein auf der Frontscheibe und am letzten Tag der Rückfahrt riss ich auf dem geschotterten Parkplatz an der Badestelle am Ivösjön den Auspuff ab. Das Auto fuhr noch bis nach Hause und mit letzter Kraft bis auf den Hof der Autowerkstatt und dort ließen wir es stehen.

Neulich habe er schon mal so einen Fall gehabt, sagte der Werkstattchef. Als der Abschleppwagen von der Autoverwertung gekommen sei, sei die ganze Familie dagewesen und habe Selfies vor dem Auto gemacht. Alle hätten geweint. Es klang so, als wolle er so etwas nicht noch einmal haben. Nach ein paar Tagen fuhren wir mit den Fahrrädern auf den Hof und räumten die restlichen Sachen in einen großen Rucksack: Steine, Stöcke, Bücher, Warndreieck, den Verbandskasten. Ab und zu kam ich noch an der Werkstatt vorbei, um nachzusehen und eines Tages war das Auto nicht mehr da.

Im Juni und davor

Im Pommerschen Landesmuseum läuft »Zwei Männer – ein Meer«. Auf dem Boden der Museumstraße ist meterlang die Küstenlinie der Ostsee mit den Badeorten aufgemalt, die Karl Schmidt-Rottluff und Max Pechstein besucht haben. Nidden, Jershöft, Leba, Rumbke, Rowe, Ückeritz, Sierksdorf. Eine Rückwärtsbewegung in westlicher Richtung: Ostpreußen, Hinterpommern, Vorpommern, Holstein. Auf dem Weg in die Ausstellung läuft man die Karte gegen die Zeit entlang. Die Bildergalerie hängt voller Verlustanzeigen.

Es dauert tatsächlich keine 24 Stunden, den Marsianer durchzulesen. Nicht ohne Interesse, aber ohne große Spannung, so wie man einen Blockbuster sieht, weil man eine Kinokarte gekauft hat und eigentlich ganz bequem sitzt. Am Ende wird er schon irgendwie auf die Erde zurückkehren. Eine Heimwerkergeschichte, eher Bedienungsanleitung als Robinsonade.

Die Erinnerung an meine frühere Präsidentin, die mich einmal fragte, ob ich in einer Partei sei. Heutzutage werde ja fast alles nach Partei vergeben, schrecklich. In Großbritannien gingen die Richter noch nicht einmal zur Wahl, dass sei vielleicht ein wenig antiquiert und übertrieben, aber in einer Partei solle man nicht sein.

Aber was ist das gegen meine Arbeitswut im geliebten Pommern, ich komme nicht darüber hinweg. Ich zapple hin und wieder sehr, und sehne mich unentwegt danach, und hoffe doch es noch einmal zu erleben, einmal wieder hinauffahren zu können (MP).

Die Erinnerung an die Tage auf dem Exerzierplatz, auf der Ostseite des Dänholms, hinter der Baumreihe der Strelasund. Der Moment, in dem der gesamte Zug im Gleichschritt war, dem Vordermann im Nacken, im Nacken den Hintermann und auf eine angenehme Weise das Denken aufhörte, nur noch das gleichmäßig unendliche Geräusch der Stiefel auf den Betonplatten.

Der Mann in der Werkstatt hat das Auto angehoben und wir haben es uns zusammen von unten angesehen. Der Unterboden des Autos und ich haben viele Gemeinsamkeiten.

In den Ritzen zwischen den Terrassenplatten wachsen schwedische Walderdbeeren, tapfere Nachfahren der drei Pflanzen, die wir vor Jahren mal in Småland ausgegraben haben.

Wenn ich Rentner bin, ziehe ich nach England und gucke den ganzen Sommer lang County Cricket.

Löwen, Elefanten.

Im Juni, Verluste

Auf dem Hof ist eine Katze, hungrig und scheu. Sie sieht mich an, aber als ich einen Schritt in ihre Richtung mache, verschwindet sie sofort auf die Straße unter ein Auto. Ich erinnere mich an einen Aushang »Katze entlaufen!« auf meinem Heimweg und gehe zurück. Das Fell, das Alter, der Charakter, es könnte hinkommen. Und in sechs Wochen kann so ein Tier sicher abmagern. Ob die Katze »infolge eines Kampfes« einen abgeknickten Schwanz hat? Ich weiß es nicht und rufe an. »Der Dicke« sei schon nach drei Tagen wieder nach Hause gekommen. Trotzdem danke. Es ist eine andere Katze, die unter dem Auto sitzt.

Vom Leben in der Provinz. Meine Freunde ziehen nach und nach weg. Berlin, Hannover, Gütersloh, Schwerin. Ich bin die ganze Zeit nur hiergeblieben. Schwerin ist auch Provinz. Gütersloh bestimmt auch. Hannover auch. Aber liegt wenigstens in der Mitte und nicht so am Rand der Welt.

Der Mann von der Autowerkstatt hat in einem Renault-Forum herausgefunden, warum das Auto an warmen Tagen so schlecht anspringt. Ein Serienfehler beim Kangoo. Das Steuerungsteil, Scheiß Elektronik. Koste neu mehr als das ganze Auto. Es gebe eine Firma da unten in Bayern, die sich darauf spezialisiert habe und das löten könne. Er schickt das Teil ein und es dauert drei Wochen, wegen der Flut. Zwischenzeitlich beschäftige ich mich sicherheitshalber mit dem öffentlichen Personennahverkehr im westlichen Värmland. Als ich das Auto schließlich wieder abhole, guckt der Mann von der Autowerkstatt sehr ernst. Es fährt wieder, aber im nächsten Jahr werde es schwierig mit dem TÜV und dem rostigen Unterboden.

Hubschrauber, Mannschaftswagen, Straßensperren, die Bundeswehr rückt aus, um den Deich zu halten, sich gegen die Fluten zu stemmen. Frontberichterstattung. Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Sandsäcke.

Gespräch mit E. in seinem Garten. Er sei immer Nichtwähler gewesen, solange er politisch gearbeitet habe. Als er damit aufgehört habe, sei er zur Wahl gegangen, um wenigstens etwas zu machen, aus einer Art Pflichtgefühl heraus. Jetzt, da er wieder politisch aktiver sei, müsse er auch nicht mehr wählen gehen. Erneut mein vollkommenes Unvermögen, ein Parteisoldat zu sein.

Rhabarber ist das einzige einheimische Gemüse der Färöer. Anders als der kontinentale Rhabarber enthält er keine Oxalsäure.

Darf man einem Auto einen Namen geben?

Beim Schachspielen fotografiert werden, den Kopf in beiden Händen, der Haarausfall nimmt zu über die Jahre.

Für entlaufene Tiere gibt es noch gar keine Social-Media-Anwendung.