Kategorie: Weblog

Trelleborg IV

An diesem Sonntagmorgen sind die Straßen zum Hafen noch menschenleer und der pommersche Himmel weit. In Trelleborg laufen wir bis Övre und fahren mit der 146 weiter nach Malmö. Essen im Vegegården, Hamrelius bokhandel in der Södergatan, Lilla Torget, Stortorget, ein Blick auf den Westhafen und dann zurück.

Die Euphorie vor einem Spiel. Alles ist möglich, heute kann es sich wenden, in der Tabelle ist noch alles dicht beieinander, nur endlich ein Erfolgserlebnis, den Hebel umlegen, den Bock umstoßen, eine Serie beginnen, die uns zurückführt bis in den Europapokal. Ich träume mir den Bus voller Fans, die Straße zum Vångavallen voller Menschen – Inget stoppar Trelleborg!

Neben uns ein alter Mann, der die Vereinshymne stehend mitsingt.

In der Halbzeit frage ich in der Geschäftsstelle nach einem Pin. Sie durchwühlen vergeblich ein paar Kartons und schenken mir dann ein Autotrikot, so etwas, das an der Scheibe klebt. An der Wand hängt das gerahmte Plakat vom Spiel gegen Blackburn Rovers. UEFA-Pokal 1994. Jeder Verein hat so ein Spiel.

Nach dem Schlusspfiff leert sich das Stadion binnen zwei Minuten. Als müsse man nicht Abschied nehmen von so einer Partie.

Die Ostsee riecht hier nach Tang.

In der Nacht fahren wir zurück auf den Kontinent, in der Dunkelheit über das Meer, ein Niemandsland im Halbschlaf, in between. Zu Hause singen schon die Vögel.

Dietlingen





Pfarrdorf im Oberamte Pforzheim des badischen Mittelrheinkreises, Weinbau, Bruch von buntem Marmor, 1300 Ew. (Pierer’s Universal-Lexikon) | Wir wohnen direkt über der Fleischerei. Beim Metzger Britsch schneidet man am besten ab. | Einer Frau zu Dietlingen träumte zwei Nächte nacheinander, daß in der Furche zwischen ihrem und dem benachbarten Weinberg eine weiße Frau sitze, die einen Hafen voll Geld auf dem Schooß habe. Sie erzählte dies ihrem Mann, welcher ihr rieth, in den Weinberg zu gehen, wenn in der nächsten Nacht der Traum sich wiederholen sollte (Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden) | Dank der Reformation kann ich während des Gottesdienstes die Jacke ausziehen. Das Tiefbauamt Pforzheim hat eine neue Heizung in die Andreaskirche eingebaut. Das Haus ist ein kirchliches Lastengebäude nach dem Badischen Gesetz die Kirchen- und Schulbaulichkeiten betreffend vom 26. April 1808. Weil im 16. Jahrhundert Kirchenvermögen inkameralisiert worden war, sorgt das Land für die Unterhaltung des Bauwerks. Um das Staatskirchenrecht habe ich immer einen Bogen gemacht. | Frankreich ist eine Stunde weit entfernt. Die Landstraße windet sich aus dem Tal durch den Großen Wald hinauf bis zur Autobahn, von dort geht es mit sieben Prozent Gefälle wieder hinunter. Im Rheintal blühen die Bäume. Wir überqueren den Fluss an der Staustufe Iffezheim. Haguenau ist voller Menschen.

Im März II

Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem lächerlichen Emoticon verwandelt.

Vom Leben in der Filterblase. Einen halbfertigen und vollkommen redundanten Blogpost über den Zustand der Piratenpartei gelöscht. Jetzt brauche ich noch zwei halbfertige und vollkommen redundante Blogposts über die Ohnmacht der Netzgemeinde und über die Zukunft der Zeitung oder von Print, wie man jetzt immer so sagt.

Überhaupt würde ich am liebsten mal wieder eine Zeitung gründen.

Viele Gespräche über das Wetter, den Ostwind, den Schnee. Ostern fällt dieses Jahr noch in den März, die Ferien fangen schon im Juni an. Die Seen werden im Sommer zu kalt sein, um darin zu schwimmen. Das Auto muss in die Werkstatt. Ein Ferienhaus brauchen wir auch noch und der Euro ist weiter schwach.

Volker Braun: Gegen die maschinenlesbare Welt (Suhrkamp Verlag, 2013)

Mit dem Finger auf der Landkarte. Bei der digitalen Reise auf die Färöer stoße ich auf Leif Vollebekk. Weshalb schreibt jemand aus Montreal einen Song über Klaksvík? Und warum einen Walzer? Die Musik ist geduldig, zögert, hört fast auf und dreht dann doch weiter. Das neue Album ist ein Überseeimport. Beruhigung bei dem Gedanken, dass die globalisierte Kulturindustrie lückenhaft ist. Ich kann warten.

Am Ostermontag sitzen wir in der Kirche von Groß Tessin zwischen den Backsteinmauern aus dem 14. Jahrhundert und hören Renaissancemusik, Madrigale und Chansons. Es ist drinnen so kalt, dass der Chor kleine Wolken singt. Unsere Freunde singen den Winter aus der Kirche. Danach stehen wir vor dem Westportal, die Abendsonne wärmt die Steine und wir umarmen uns. Da war es schon April.

Jemand musste mit K. einen Link geteilt haben. Noch am selben Tag kündigte er seine Stelle bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt. Das nächste Romanfragment würde er über Startnext finanzieren.