Kategorie: Weblog

Fritz

Wenn ich an Fritz denke, muss ich auch an Fußball denken. An den Sportplatz in Leuben, über den ich so oft gegangen bin. Die Heimat von Fortuna. Die tiefste Stelle des Dorfes, unten am Ketzerbach, an der alten Eisenbahnbrücke, dahinter begann der Park. An die Spiele, die wir zusammen besucht haben: VfB Leipzig gegen Bayern München (mit Franz Beckenbauer auf der Trainerbank) im alten Zentralstadion. Leipzig hatte Darko Pančev von Inter Mailand geholt, der Tore gegen den Abstieg schießen sollte und man stelle sich diesen Namen in einem breiten sächsischen Idiom ausgesprochen vor. So habe ich ihn für immer im Ohr, Fritz war sehr skeptisch und zu Recht. Dann ein trüber Zweitligakick gegen Bochum (mit Dariusz Wosz) im Bruno-Plache-Stadion, danach der Wechsel zu Chemie: Sachsen Leipzig gegen Rot-Weiß-Erfurt im tobenden Alfred-Kunze-Sportpark. Später RB Leipzig in der Regionalliga gegen irgendeine Mannschaft, die ich vergessen habe, im neuen Zentralstadion. Zweimal spielte Greifswald gegen Leipzig Relegation und beide Male konnte ich nicht hingehen. Es gibt ein schönes Foto von Fritz, auf dem er mitten im Leipziger Auswärtsblock im Greifswalder Volksstadion steht. Ich mochte es, dass er seine Liebe zum Fußball auf so viele Mannschaften verteilen konnte.

Als Leipzig im Frühjahr in die Bundesliga aufgestiegen war, rief er mich an. Zur Feier des Tages war er in ein Café gegangen und hatte ein Bier getrunken. Er hatte lange auf diesen Moment gewartet. Ich nahm mir vor, in der neuen Saison mit ihm mal wieder ins Stadion zu gehen.

Traum II

Der Wald war voller Pfifferlinge und selbst wenn es richtig ist, dass Pilze beim Braten den Großteil ihres Volumens verlieren: Eine so große Pfanne hatten wir nicht. Ich erinnerte mich daran, dass T. in seinem Restaurant eine Pfanne mir sehr hohem Rand hatte und fuhr zu ihm. Als ich die fertigen Pilze wieder abholen wollte und ihn anstandshalber fragte, was er bekomme, waren es mehrere Hundert Euro. Das Restaurant sei schon hinter der Grenze zu Norwegen und die steile Straße dorthin mautpflichtig und als Inhaber einer Gaststätte mit vollen Ausschankrechten sei er von Gesetzes wegen verpflichtet, die Maut bei seinen Gästen zu kassieren. Das Restaurant lag knapp oberhalb der Baumgrenze und hatte eine wunderbare Aussicht über den See und natürlich sei es aufwendig, die Straße das ganze Jahr hindurch befahrbar zu halten und das konnte ich sogar verstehen. Mit den norwegischen Verkehrsbehörden hätte ich mich auch nicht anlegen wollen.

Hiddensee

Am Hafen in Stralsund empfängt uns der unfreundlichste Fährmann der Welt. Passagiere mit Fahrrädern gehen zuletzt auf das Schiff. Das Heck steht voller Pedelecs, niemand hat eine Chance gegen deutsche Rentner. Anbaden in Neuendorf, die Junisonne wärmt das flache Wasser, der Nordostwind treibt es auf das Meer hinaus. Viel Wind, auf Hiddensee ist immer zu viel Wind. In der Dünenheide grast eine Schafherde. Am Weg stehen Schilder, die vor den Kreuzottern warnen. Ein Café in Vitte, da wo das Zeltkino war. Auf der Wiese vor Kloster weiden Pferde, so als ob sie jemand in ein Bild hineingemalt hätte. Wir gehen die NVA-Plattenstraße hinauf zum Dornbusch, vom Leuchtturm aus ist Møns Klint zu sehen, gute Sicht heute. Erst nach der Bestellung entdeckt, dass es im Klausner noch immer Ostbrause gibt, das war meine Erinnerung an diesen Ort – draußen im Garten unter einem Schirm zu sitzen und Brause zu trinken. Unten in Kloster ist die Kreuzung, an der es nach rechts zum Hafen geht. Dort auf dieser Kopfsteinpflasterstraße habe ich als Kind einmal meine Eltern verloren, als wir zum Schiff liefen. Wir fahren auf der Ostseite zurück nach Neuendorf, mein Bauch kämpft mit den Bratheringen vom Mittag. Noch einmal Baden, das Wasser ist immer noch kalt. Das Schiff ist voll, die Plätze mit Jacken und Taschen besetzt, so wie Sonnenliegen am Hotelpool mit Handtüchern. The german art of taking seats. Schräg gegenüber sitzt ein Mann mit Kopfhörern. Er hat die Augen geschlossen und trommelt einen vertrackten Rhythmus auf dem Tisch mit, es sieht aus wie Jazz. Der Mann benutzt für seine Musik DAT-Kassetten, die er in einer transparenten Tupperdose mit einem blauen Deckel aufbewahrt.