Kategorie: Weblog

Rewind Ringo (2)

Nach den beiden Platten aus dem Jahr 1970 dauerte es etwas mit der Nächsten. Stattdessen setzte Ringo Starr so fort, wie auch die Beatles regelmäßig verfahren waren: Nicht alle Songs auf ein Album zu packen, sondern zwischendurch einfach Singles zu veröffentlichen.

1971 erschien It Don’t Come Easy, an dem George Harrison großen Anteil hatte, aber noch bemerkenswerter ist die B-Seite Early 1970, ein berührender Song, in dem Ringo seine ehemaligen Bandkollegen und seinen Wunsch beschreibt, mit allen dreien wieder zusammenzuspielen. Etwas, das nie wieder passieren sollte. Ein Jahr später kam Back Off Boogaloo heraus, wieder eine Co-Produktion mit George Harrison, mit einem treibenden Rhythmus und großem Sog. Ringo war erfolgreich und 1973 erschien schließlich das Album, das von den Leuten, die sich damit auskennen, immer genannt wird, wenn sie nach seiner besten Platte gefragt werden. Es heißt Ringo.

Ich weiß nicht, ob Ringo Ringos bestes Album ist, aber es spricht viel dafür. Das fängt mit der Verpackung an. Das Frontcover ist ein gemaltes Wimmelbild, mit allen beteiligten Musikern. Es erinnert an Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band. Das Booklet enthält zu jedem einzelnen Song eine Lithographie von Klaus Voormann. So viel Mühe machte sich Ringo Starr nie wieder, zwischenzeitlich erschienen seine Alben nicht mal mehr auf Vinyl.

Mit dieser Platte fand Ringo seine Rolle als Solokünstler. Ab jetzt war er der Ex-Beatle, mit unzähligen Referenzen auf die Band und auf Liverpool. So dicht an einer Reunion wie hier waren die Beatles selten. Der erste Song I’m the Greatest wurde von John Lennon geschrieben, der zusammen mit George Harrison auch auf der Aufnahme auftaucht. Klaus Voormann spielt den Bass für Paul McCartney, der gerade nicht in die USA einreisen durfte. Billy Preston komplettiert die alte Besetzung aus den Sessions zu Let it Be. Und im Text tritt The One and Only Billy Shears wieder auf, Ringos Alter Ego aus der Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band.

Ringo hat keine Schwächen. Photograph (wieder eine Zusammenarbeit mit George Harrison und vielleicht Ringos bester Song überhaupt) ging auf Nummer 1, genauso wie das Cover von You’re Sixteen. Paul und Linda McCartney schrieben Six O’Clock und spielten den Song mit ein. Auf Step Lightly hören wir Ringo stepptanzen. Aber der Höhepunkt des Albums ist für mich der letzte Song You and Me (Babe). An dessen Ende tritt Ringo vor den Vorhang, verabschiedet das Publikum und bedankt sich bei allen Mitwirkenden:

Well, it’s the end of the night and I’d just like to say thank you to everyone involved in this piece of plastic we’re making. Good old Jim Keltner, Klaus Voormann, Nicky Hopkins, George Harrison and John Lennon, Paul McCartney. Richard Perry, who’s producing this masterpiece, Bill Schnee, ever smiling, ever loving, Vini Poncideo and all his other friends and everybody else who joined in and helped us on this wonderful record. So it’s a big good night from your friends and mine, Ringo Starr.

Wem würde da nicht warm ums Herz werden?

Nach Bornholm

Die erste Reise seit zwei Jahren. Zwischen den Inseln verkehrt ein neues Schiff. Die Sonne scheint und es geht kaum Wind. Wir sitzen draußen auf dem Deck und sehen den Leuten bei der Völkerverständigung zu.

Als wir in Rønne auf dem Fahrrad die Küstenstraße entlangfahren, muss ich mich innerlich kneifen, aber es findet tatsächlich statt. Wir sind unterwegs.

Alles, was wir anfassen, wird zu Gold. Es war also klar, dass wir die Campinghütte direkt vor dem riesigen Hüpfkissen bekommen. Daneben steht ein Partyzelt. Alle dänischen Schulen führen in dieser Woche ihre Klassenfahrt durch, auf unserem Zeltplatz. Die Nachsaison ist lauter, als wir dachten.

Tagsüber ist es noch Sommer, doch in den Nächten schon Herbst. Ich werde morgens von der Kälte wach.

Wir besuchen Jons Kapel. Wenn ich Prediger wäre, würde ich mir einen Ort suchen, der besser erreichbar ist, sonst kommt doch niemand und damals gab es noch nicht einmal die Treppe hinunter.

Diese Reise ist eine Vergewisserung. Es ist noch alles da: das Meer, der Strand, der Küstenwald, der Weg nach Pedersker, die Felder im Süden, der Bäcker in Aakirkeby. Das hört nicht auf.

Im September ist die Ostsee kühl und klar. Es dauert eine Ewigkeit, bis ich ganz im Wasser bin und schwimmen kann.

Wir brauchen keine zwei Stunden, um den Reiseführer für Hasle abzuarbeiten. Die Kirche ist geschlossen, der Hafen ist viel zu groß, der Kunsthandwerkermarkt ist ein Kunsthandwerkermarkt und in der Fischräucherei waren wir schon. Wir fahren sogar aus dem Ort hinaus, um uns den Runenstein anzusehen, auf dem nichts zu erkennen ist. Hasle ist wunderschön. Der Ort liegt auf vier verschiedenen Höhen und fast überall ist das Meer zu sehen.

Auf dem Rückweg zur Fähre, in der Morgendämmerung, steht ein Hirsch am Rand der Kiesgrube im Wald und sieht aufmerksam den Maschinen zu, die schon zu arbeiten begonnen haben.

Rewind Ringo (1)

Ich bin ein gemäßigter Sammler. Die wesentlichen Sachen habe ich gern zusammen. Übersetzt heißt das: Ich muss nicht jede einzelne Single und jedes Bootleg von Ringo Starr besitzen, aber ich habe mich gefreut, als ich seine Alben endlich vollständig hatte. Das war nicht ganz trivial.

Dinge zu haben, heißt Dinge zu ordnen. Üblicherweise geschieht das über Ranglisten From Least to Best, aber ich habe mir gedacht, dass es für mich interessanter sein könnte, die Platten chronologisch von vorn nach hinten zu hören und zu verfolgen, wie aus einem Ex-Beatle ein Musiker wurde, der aus der öffentlichen Wahrnehmung fast vollkommen verschwunden ist. Mal im Ernst: Wer hört heute noch Ringo Starr?

Ringo war der Erste der Beatles, der ein Soloalbum herausbrachte. Am 27. März 1970, noch vor dem offiziellen Ende der Band und vor seinen allerletzten Aufnahmen zu Let It Be erschien Sentimental Journey. Wir hören darauf zwölf Stücke aus dem Great American Songbook, die Lieblingslieder seiner Mutter. Geschmeidige Orchesterarrangements, Ringo singt sich dazu tapfer durch die Platte. Er ist nicht gerade Frank Sinatra, aber manches (Dream) ist ganz warmherzig und manches (Blue, Turning Grey Over You) klingt wie von Günther Fischer und Manfred Krug eingespielt. Man macht mit dem Album bestimmt nichts falsch.

Ganz ähnlich ist es mit Beaucoups of Blues. Ringo flog im Sommer 1970 nach Nashville und nahm in nur drei Tagen ein Country-Album auf. Professionelle Musiker, fertige Songs und Ringos Stimme passt perfekt zu Country, wie wir alle seit dem Weißen Album und Don’t Pass Me By wissen. Die Platte lässt sich gut hören, aber eine von dieser Sorte reicht mir dann auch. Einen einzigen Song hat Ringo Starr selbst geschrieben: Coochy Coochy. Er hat es leider nicht auf das Album geschafft und erschien nur in einer gekürzten Fassung als B-Seite zur Single mit dem Titelsong. Das Original soll eine halbe Stunde lang sein und das würde ich gern mal hören. Es wurde bisher aber nicht veröffentlicht. Ringo ist überhaupt sehr sparsam mit Outtakes.

Jedenfalls sehen wir zwei schöne Plattencover. Auch das wird sich in Zukunft ändern.