Kategorie: Notizen

Jürgen Fenn schreibt über digitale Unsterblichkeit:

Datensparsamkeit beginnt beim Benutzer. Das Web kennt kein menschliches Maß. Es erzwingt den Rückzug der User. Auch Fake Accounts und Pseudonyme helfen nicht weiter, die Spuren, die wir alle online hinterlassen, sind längst so umfangreich und das Netz, das daraus gewebt worden ist, so engmaschig, daß man sich nicht mehr verbergen kann.

Ich frage mich bei dieser Diskussion manchmal, woher der Gedanke kommt, dass die Dinge, die man ins Internet schreibt, nicht anderswo gespeichert werden dürfen, damit sie aus dem Netz später wieder entfernt werden können. Was ist daran eigentlich anders als bei jeder anderen Veröffentlichung? Ein Buch lässt sich nicht wieder aus der Welt schaffen, ein Zeitungsartikel auch nicht. Jede Publikation wird archiviert. Wenn ich ein Bild an eine Hauswand male oder eine Zeichnung in eine Felswand ritze, mache ich das für immer (nicht ganz: irgendwann stürzt die Erde in die Sonne und mit ihr alle Bibliotheken, Server und Felshöhlen).

Wer im Internet schreibt, publiziert. Und zwar genau deshalb, weil er möchte, dass es gelesen werden kann. Die Ewigkeit ist der Preis für die Öffentlichkeit. Die Selbstbestimmung endet, sobald das Werk in der Welt ist. Geändert haben sich nur die Anzahl der Publizisten und die Reproduktionstechnologien.

Der Sofawandler ist umgezogen und schreibt jetzt auf write.as – nebenbei gesagt: einer ganz fabelhaften Plattform – ein Nicht-Blog weiter. Es geht um Fahrradfahren und Bücher, also um alles.

Wald und Höhle will flüchtig sein, temporär begrenzt, anspruchslos und gut. Ein Jahr, dachte ich, könnte ein guter Zeitraum sein. Mir hat nie eingeleuchtet, warum Schriftsteller ganz viele Romane schreiben dürfen, Blogger aber immer nur an ein einziges Lebensblog gefesselt sein sollten.

Alle (bisher) drei Seiten sind in der Blogroll.

Martin Lindner stellte gestern auf Constantin Seibts Erdogan. Trump. Brexit. Eine hauchdünne Mehrheit genügt und ein Land kippt die Frage:

Und nach welchem seltsamen soziologischen Naturgesetz ergeben sich immer diese 51:49-Polarisierungen (oder auch noch 55:45)?

Das finde ich interessant. Demokraten vs. Republikaner, Tories vs. Labour, Hofer vs. van der Bellen: Die Liste ließe sich verlängern. Spontane These: Jede Seite verändert die eigene politische Wunschvorstellung (im Sinne der Maximalforderung oder reinen Lehre) nur genau soweit in Richtung einer Kompromisslinie, bis sie gerade so mehrheitsfähig erscheint. Das kann politische Aussagen und Bündnisse von Akteuren gleichermaßen beinhalten. Eine sichere strukturelle Mehrheit ist dagegen schwer zu erzielen, weil die andere Seite genauso handelt und soweit nötig in das eigene Lager vordringen will. Das führt tendenziell zu engen Ergebnissen.

Setzt immer voraus, dass es sich um eine Entweder-Oder-Situation handelt: Stichwahl, Volksabstimmung, Mehrheitswahlrecht. Womit auch ein wesentliches Argument gegen direkte Demokratie genannt ist – die wenigsten politischen Probleme lassen sich gut über ja/nein lösen.