Die Alsterdorfer Sporthalle hat eine grausame Akustik, aber das machte nichts. The Bad Seeds waren da und ein Konzert mit Nick Cave muss man sich wie einen entrückten Gottesdienst vorstellen: ein charismatischer Prediger, der zu seiner Gemeinde spricht, der hunderte Hände greift und festhält, der sich berühren lässt (Can you feel my heart beat?), der sich um die Kranken kümmert, der auf dem Wasser geht, der mit dem ganzen Saal singt, der vor Schmerzen schreit. Er konnte das unmöglich alles ernst meinen, aber manches wahrscheinlich schon und in dem Moment spielte das auch keine Rolle mehr.
Kategorie: Notizen
Ridley Scott: Blade Runner (Final Cut)
Blade Runner 2049 ist einer der wenigen Filme, die ich sehen will und die hier trotzdem im Kino laufen. Zur Vorbereitung war darum dringend eine Bildungslücke zu schließen. Netflix und Amazon meldeten Fehlanzeige, deshalb für fünf Euro noch was gekauft und meiner Wolke hinzugefügt.
Science Fiction hat häufig das Problem, schlecht zu altern, aber ist es gelungen. Ich mochte es: die Dunkelheit, den Regen, die Flimmerkisten, das Gemurmel. Die Musik könnte auch noch weg.
Im Schach hieß eine solche Gemengelage Zugzwang, fügte J. hinzu und stand auf. Der Begriff bezeichnete einen vertrackten Zustand, der manchmal in einer Partie eintreten konnte. Ganz gleich, wie der Spieler sich verhielt, es gab keinen vorteilhaften Zug, keine erfolgreiche Technik. Sämtliche Möglichkeiten waren erschöpft. Gleichwohl musste er einen Zug machen, da das Regelwerk ihm nicht erlaubte, darauf zu verzichten.
– aus: Aris Fioretos: Die dichte Welt, Sinn und Form 5/2017
Zugzwang ist ein Germanismus, der es in viele Sprachen geschafft hat, wahrscheinlich im Gefolge der erstmaligen Verwendung des Begriffs durch den (einzigen) deutschen Schachweltmeister Emanuel Lasker in seinem Lasker’s Chess Magazine (1905). Wenn man Fioretos präzisieren möchte: Zugzwang bedeutet, dass jeder Zug die eigene Stellung nicht nur nicht verbessert, sondern sogar verschlechtert. Aber vielleicht hat J. das auch ungenau mitgeteilt. Es tut dem Essay keinen Abbruch.
Schachhistorisch erschöpfend ist wie immer Edward Winter.