In der Muckibude

Seit einem Jahr gehe ich wieder in die Muckibude. Ich lag auf dem kalten Linoleumboden, auf die Seite gedreht an der Wand. Der Physiotherapeut bewegte meinen Oberschenkel mit zwei Seilen auf und ab: um mein Hüftgelenk zu mobilisieren, wie er sich ausdrückte. Physiotherapeuten haben eine eigene rätselhafte Sprache, um das komplizierte Zusammenleben aller Knochen, Sehnen und Muskeln zu beschreiben, aus denen unsere Körper bestehen und an diesem Tag hatte er die richtigen Worte für meinen Körper gefunden. So kam das.

Mein Physiotherapeut nennt die Muckibude einen Maschinenpark und das trifft es sehr gut. Die Muckibude liegt hinter den Gärten kurz vor dem Flüchtlingsheim und dem Griechen mit den Säulen. Der Raum hat den Charme eines Speisesaals in einem Lehrlingswohnheim bewahrt. Bevor die Kraftsportler kamen, war da eine Videothek drin, aber Videos braucht heute niemand mehr. Die Kraftsportler haben Schwarz-Weiß-Fotos von sich aus den achtziger Jahren an die Wand gehängt. Wir sind eine Muckibude mit Tradition.

Es gibt zwei schöne Sachen bei der Muckibude: Sie hat immer (wirklich immer) auf und es geht einem niemand mit Trainingsplänen, Körperfettmessungen und Fitnessgetränken auf die Nerven. Überhaupt ist es ziemlich ruhig. Auf der Treppe vor dem Haus und in der Umkleidekabine murmelt man ein einsilbiges Wort, wenn man jemanden trifft, im großen Saal mit den Maschinen nickt man sich allenfalls kurz zu. Hier tut man ernsthafte Dinge.

Das ist kein Ort für Geschwindigkeit und Schwung. Alles geschieht langsam. Die Maschinen zeigen mir, welche Bewegungen ich machen soll, den Rest des Körpers versuche ich dabei möglichst still zu halten. Das Stillhalten ist der schwierige Teil.

Neulich war ich der Letzte in der Muckibude. Freitagabend um halb elf, alle bereit für das Wochenende. Ich beeilte mich mit meinen restlichen Übungen und dann ging ich in Schleifen durch den ganzen Saal, nickte den Maschinen zu und löschte das Licht.


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