Brot

Eine der Legenden, die ich als Kind aufgeschnappt hatte, lautete, dass es in Barth einmal 13 Bäckereien gegeben hatte. Ich konnte mir das gar nicht vorstellen: 13 Bäckereien in dieser kleinen Stadt und Barth-Süd war damals noch nicht einmal gebaut. 1989 gab es davon nur noch Bäcker Simon und einen Bäcker mit einem schwer auszusprechenden Namen, der deshalb Polenbäcker hieß. Und es gab die Konsumbäckerei, in der ich im Herbst zwei Monate lang arbeitete. Wir fuhren Brot aus, in einem LKW W50 mit Kastenaufbau, der voller Brotkisten war.

Unsere Routen gingen über Land: Kenz-Flemendorf-Karnin, Bodstedt-Fuhlendorf-Bartelshagen-Saal-Tempel, Pruchten-Bresewitz-Zingst-Prerow. In jedem noch so winzigen Dorf gab es einen Konsum und die Leute warteten immer schon auf die Lieferung. In Kenz brachten sich die alten Frauen Stühle in den Laden mit und saßen und erzählten, als wir ankamen. Dort warfen wir die Brote direkt vom LKW durch das Fenster in den Lagerraum, ein Fuß auf der Ladefläche, ein Fuß auf dem Sims, immer zwei Brote zusammen, die Böden gegeneinandergelegt. Alles in Unmengen, Brot war subventioniert und kostete eine Mark, niemand sollte hungern. Die Leute auf dem Dorf verfütterten die Brote an die Schweine.

Ich weiß nicht mehr, wie das Brot aus der Konsumbäckerei Barth schmeckte. Es gab ein Kinderlied mit der schönen Zeile Wieder einer tot vom Konsumbrot, aber schlimmer als von diesen Backshops, die es jetzt überall gibt, kann es eigentlich auch nicht gewesen sein.


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