Monat: Oktober 2017

#071

Blade Runner 2049

Fast im letzten Moment angesehen: Der Film scheint nicht mehr lange zu laufen und kommerziell kein besonderer Erfolg zu sein, was vielleicht ein gutes Zeichen ist. Gemischte Gefühle nach dem Kinobesuch. Einerseits wird die Fortsetzung dem berühmten ersten Teil gerecht, die Erwartungshaltung muss eine ziemliche Bürde gewesen sein. Die Geschichte von 2049 schließt sich sinnvoll an die Geschichte von 2019 an, die Stimmung ist gut getroffen, die Ausflüge aus der Stadt heraus passen ganz gut (ein Eisenofen ist ohnehin immer ein gutes Motiv), auch die Erweiterung des Farbspektrums in der Wüste zu gelb-orange gefällt mir. Die holographische Geliebte funktionierte ebenso. Die Hauptrolle mit Ryan Gosling zu besetzen, finden alle doof, aber wenn wir ehrlich sind: Harrison Ford konnte 1982 auch nicht besonders viele verschiedene Gesichtsausdrücke. Bei Blade Runner 2079 kann Gosling dann den Westernhelden geben.

Andererseits:

[1] Ich fand den ausführlichen Ausflug in die US-amerikanische Kulturgeschichte (Jukebox, Elvis, Sinatra, Monroe) unpassend, da war der erste Film bereits deutlich indifferenter. Immerhin gab es diesmal in der Stadt russische Sprachfetzen.

[2] Mir wurde im ganzen Film zu viel erklärt. Am meisten störte mich die Stelle, in der in einem Dialog nochmal ausgesprochen werden musste, dass Officer K nicht das Kind von Rahel ist. Das war doch schon längst klar! Blade Runner lebte dagegen noch stark vom Ungefähren, von den Geheimnissen.

[3] Die Geschichte mit dem Thema Fortpflanzung weiterzuerzählen, meinetwegen. Aber Science Fiction 2049 stelle ich mir weiter vor als den simplen Plot Vater, Mutter, Kind. Deshalb war der Schluss mit der Hand auf der Scheibe auch leider viel zu tranig für mich. Es hätte es gereicht, Deckard in das Haus gehen zu sehen, wenn überhaupt.

[4] Mir war alles zu sehr auf noch eine Fortsetzung hin erzählt. Es blieben zu viele mächtige Hintermänner übrig. Die Niederlassung von Niander Wallace mit der Insel sah zu sehr nach einem kitschigen Zen-Garten aus (da war die Tyrell Corporation deutlich schmuddeliger) und was die Story mit Freysa dramaturgisch sollte, habe ich nicht so recht verstanden.

Trotzdem alles beeindruckend, keine Frage.

#070

Er hatte auch eine »historische Begegnung« mit Anna Achmatowa gehabt. Er hatte sie zu sich nach Repino eingeladen. Sie kam. Er saß schweigend da; sie auch; das Schweigen hielt zwanzig Minuten an, dann stand sie auf und ging. Hinterher sagte sie: »Es war wunderbar.«

– aus: Julian Barnes: Der Lärm der Zeit

#069

Die Alsterdorfer Sporthalle hat eine grausame Akustik, aber das machte nichts. The Bad Seeds waren da und ein Konzert mit Nick Cave muss man sich wie einen entrückten Gottesdienst vorstellen: ein charismatischer Prediger, der zu seiner Gemeinde spricht, der hunderte Hände greift und festhält, der sich berühren lässt (Can you feel my heart beat?), der sich um die Kranken kümmert, der auf dem Wasser geht, der mit dem ganzen Saal singt, der vor Schmerzen schreit. Er konnte das unmöglich alles ernst meinen, aber manches wahrscheinlich schon und in dem Moment spielte das auch keine Rolle mehr.