Monat: Mai 2011

Zudar

Mit der Fähre fahren. Straße, Plattenstraße, Staubstraße. Die Kiefern kämmen den Nebel, der vom Bodden kommt. Der Schwarm Schwalben im Gelben Ufer. Ein Hühnergott, so groß wie zwei Fäuste. Auf dem Strand eine verblichene Zeltplane. Mit den Füßen im Wasser stehen.

Befreiung

1985 war ein gutes Jahr für mich. Die Mathematikolympiade fiel auf einen Mittwoch, der 1. Mai ebenfalls und der 8. Mai war der 40. Jahrestag und deshalb ausnahmsweise auch noch schulfrei. Am Mittwoch waren sonst zwei Stunden Sport.

Am 8. Mai 1985 kamen extra ein paar Sowjetsoldaten nach Barth zum sowjetischen Ehrenmal hinter der Burg, an der Klostermauer. Zwar »wurde in Barth nicht gekämpft«, wie die Leute sagten, aber wir hatten trotzdem ein Ehrenmal, weil 13 kriegsverletzte Weißrussen hier gestorben und begraben sind. Ansonsten hatten wir noch eine Gedenkstätte mit einem hohen Turm am Ortseingang für die Außenstelle vom KZ Ravensbrück und eine Tafel für das amerikanische Kriegsgefangenenlager. Eine ganze Menge eigentlich für diese kleine Stadt.

Mein Freund Thomas und ich waren zuverlässig genug und durften einen großen Kranz halten, den uns die Soldaten dann abnahmen und wie im Fernsehen im Stechschritt zu diesem Betonrelief trugen. Wir hatten das vorher geübt und es klappte sehr gut. Niemand sagte etwas und für einen Moment war es ganz still.